Buchempfehlungen von Buchhändlern
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Wer könnte bessere Buchempfehlungen geben als Menschen, die das tagtäglich beruflich machen? Auf dieser Seite finden Sie sowohl Listen der meistgeliebten Bücher der Buchhändler aus den letzten 10 Jahren sowie ihre aktuellsten Buchtipps für das Jahr 2025.
Ob große Bestseller, literarische Geheimtipps oder brandneue Highlights – diese Empfehlungen stammen direkt aus den Buchhandlungen und spiegeln wider, was Buchprofis begeistert hat.
Entdecken Sie die Experten-Favoriten der vergangenen Jahre und erfahren Sie, welche Neuerscheinungen man sich ihrer Ansicht nach unbedingt anschauen sollte.
Die Top-10-Buchtipps der Buchhändler von 2015 bis 2024
Wer auf der Suche nach wirklich guten Büchern ist, sollte sich die Gewinner des Literaturpreises "Lieblingsbuch der Unabhängigen" nicht entgehen lassen. Jedes Jahr wählen unabhängige Buchhändler aus ganz Deutschland ihr persönliches Lieblingsbuch – einen Titel, der sie im Alltag überzeugt, begeistert und den sie mit Überzeugung weiterempfehlen. Diese Auszeichnung gilt deshalb als besonders authentischer Lesetipp aus erster Hand.
Im Rahmen der "Woche unabhängiger Buchhandlungen (WUB)" werden zunächst zahlreiche Neuerscheinungen nominiert – Romane, Erzählungen oder Sachbücher, die sich in der Beratung als besondere Buchempfehlung herauskristallisiert haben. Eine Shortlist fasst die meistgenannten Titel zusammen. Anschließend stimmen die teilnehmenden Buchhandlungen ab, welches dieser Bücher zum "Lieblingsbuch der Unabhängigen" gekürt wird. Die Bekanntgabe des Gewinnerbuchs erfolgt jeweils im Herbst auf der Frankfurter Buchmesse.
Die ausgezeichneten Bücher sind häufig nicht nur literarisch stark, sondern auch bei Lesern äußerst beliebt. Viele dieser Titel wurden später zu Bestseller-Büchern. Wer nach den besten Büchern der letzten Jahre sucht, findet in der nachfolgenden Gewinnertitel-Liste inspirierende Lesetipps direkt aus dem Herzen des unabhängigen Buchhandels:
Dörte Hansen: Altes Land
Autorin: Dörte Hansen, deutsche Journalistin und Schriftstellerin
Dörte Hansens Roman "Altes Land" erzählt die bewegende Geschichte von Vera Eckhoff, die als Flüchtlingskind nach dem Zweiten Weltkrieg auf einem Hof im Alten Land strandet. Jahrzehntelang bleibt sie dort, fremd in der norddeutschen Dorfgemeinschaft und zugleich unfähig, anderswo Heimat zu finden. Ihr zurückgezogenes Leben wird durcheinandergebracht, als ihre Nichte Anne mit ihrem Sohn bei ihr Zuflucht sucht – auf der Flucht vor der Kälte der Großstadt und den Erwartungen ihrer eigenen Generation.
Mit feiner Ironie und präziser Beobachtungsgabe schildert Hansen das Aufeinanderprallen unterschiedlicher Lebenswelten. Sie zeichnet ein einfühlsames Porträt zweier Frauen, die sich mit familiären Prägungen, Verlust und der Suche nach Zugehörigkeit auseinandersetzen müssen. Dabei kontrastiert sie das ländliche Idyll mit den inneren Konflikten ihrer Figuren und wirft einen kritischen Blick auf das moderne Stadtleben sowie den Wandel der bäuerlichen Gesellschaft.
"Altes Land" besticht durch seine eindrucksvolle Sprache und atmosphärische Dichte. Die fein gezeichneten Charaktere, der trockene norddeutsche Humor und die leise Melancholie machen den Roman zu einem tiefgründigen Leseerlebnis. Dörte Hansen gelingt es, Themen wie Heimat, Entfremdung und familiäre Bindungen auf eine Weise zu erzählen, die zugleich berührend und scharfsinnig ist.
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Benedict Wells: Vom Ende der Einsamkeit
Autor: Benedict Wells, deutsch-schweizerischer Schriftsteller
Benedict Wells’ Roman "Vom Ende der Einsamkeit" ist eine bewegende Geschichte über Verlust, Liebe und die Suche nach einem Platz im Leben. Im Zentrum steht Jules Moreau, der als Kind mit seinen Geschwistern Liz und Marty nach dem plötzlichen Tod der Eltern in einem Internat aufwächst. Während Liz rebelliert und Marty sich in Disziplin flüchtet, zieht sich Jules zunehmend in seine eigene Welt zurück. Erst die enge Freundschaft zu Alva gibt ihm Halt, doch das Leben treibt sie immer wieder auseinander.
Mit großer emotionaler Tiefe erzählt Wells von den Spuren, die traumatische Erlebnisse hinterlassen, und davon, wie schwer es ist, über Jahre hinweg zueinanderzufinden. In eindringlichen Rückblenden entfaltet sich die Geschichte von Jules’ Erwachsenwerden, seiner späteren Beziehung zu Alva und den Herausforderungen, die beide bewältigen müssen. Der Roman zeichnet sich durch psychologische Feinfühligkeit aus und zeigt, wie die Vergangenheit die Gegenwart bestimmt, aber auch, wie Menschen trotz Rückschlägen neue Wege einschlagen können.
"Vom Ende der Einsamkeit" überzeugt mit einer klaren, poetischen Sprache und tiefgründigen Charakteren, die den Leser in ihre inneren Kämpfe hineinziehen. Wells gelingt es meisterhaft, existenzielle Fragen nach Identität und Schicksal in eine berührende Erzählung zu verweben. Der Roman ist ein melancholisches, zugleich hoffnungsvolles Buch über die Kraft der Liebe und darüber, dass es niemals zu spät ist, sich dem Leben zu öffnen.
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Mariana Leky: Was man von hier aus sehen kann
Autorin: Mariana Leky, deutsche Schriftstellerin
Mariana Lekys Roman "Was man von hier aus sehen kann" ist eine poetische und warmherzige Erzählung über Liebe, Verlust und die Magie des Unscheinbaren. Im Mittelpunkt steht das kleine Dorf einer schrulligen, aber liebenswerten Gemeinschaft, in der die alte Selma eine besondere Gabe besitzt: Immer wenn sie von einem Okapi träumt, stirbt am nächsten Tag jemand. Diese Prophezeiung versetzt die Dorfbewohner in Unruhe und rückt ihre Sorgen, Sehnsüchte und verborgenen Geheimnisse in den Vordergrund.
Die Geschichte wird aus der Perspektive von Luise erzählt, die als Kind und später als junge Frau mit der Vorahnung des Todes, aber auch mit der Unwägbarkeit des Lebens umzugehen lernt. Sie erlebt tiefe Freundschaften, unerwartete Verluste und eine große, unerfüllte Liebe zu einem buddhistischen Mönch. Leky fängt mit feinem Humor und großer Empathie die kleinen Momente des Alltags ein, die das Leben prägen, und erschafft eine Atmosphäre, in der Melancholie und Hoffnung eng miteinander verwoben sind.
Mit einer außergewöhnlichen Mischung aus Leichtigkeit und Tiefgang gelingt es der Autorin, eine Welt zu erschaffen, die trotz ihrer Skurrilität ganz nah am echten Leben bleibt. "Was man von hier aus sehen kann" ist ein Buch, das von der Schönheit und Vergänglichkeit der Dinge erzählt, von den unerwarteten Wegen des Schicksals und von der Kraft der Liebe – ein extrem berührender Roman, der lange nachhallt.
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Francesca Melandri: Alle, außer mir
Originaltitel: Sangue Giusto
Autorin: Francesca Melandri, italienische Schriftstellerin
Francesca Melandris Roman "Alle, außer mir" verknüpft die italienische Kolonialvergangenheit mit der Gegenwart und erzählt eine vielschichtige Familiengeschichte. Die Lehrerin Ilaria entdeckt eines Tages einen jungen Mann aus Äthiopien vor ihrer Tür, der behauptet, ihr Verwandter zu sein. Diese Begegnung zwingt sie, die verborgenen Geheimnisse ihrer Familie zu erforschen, insbesondere die dunkle Vergangenheit ihres Vaters, der als italienischer Offizier in Afrika diente.
Durch wechselnde Zeitebenen entfaltet sich eine packende Erzählung, die von Italiens imperialer Vergangenheit, Rassismus und Migration handelt. Während Ilaria sich mit den Verstrickungen ihrer Familie auseinandersetzt, spiegelt der Roman die gesellschaftlichen und politischen Spannungen Italiens wider. Melandri verwebt persönliche Schicksale mit historischen Ereignissen und zeigt, wie die Vergangenheit bis in die Gegenwart nachwirkt.
Mit eindringlicher Sprache und psychologischem Feingefühl gelingt es der Autorin, die Leser in eine Geschichte voller Schuld, Identität und Verdrängung zu ziehen. "Alle, außer mir" ist nicht nur eine tiefgehende Familienchronik, sondern auch ein Spiegel europäischer Geschichte – ein bewegender und kluger Roman über die Spuren, die Vergangenheit und Herkunft im Leben eines Menschen hinterlassen.
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Delia Owens: Der Gesang der Flusskrebse
Originaltitel: Where the Crawdads Sing
Autorin: Delia Owens, US-amerikanische Schriftstellerin und Zoologin
Delia Owens’ Roman "Der Gesang der Flusskrebse" erzählt die bewegende Geschichte von Kya Clark, die als junges Mädchen von ihrer Familie verlassen wird und allein in den Marschlandschaften North Carolinas aufwächst. Von den Dorfbewohnern misstrauisch beäugt, entwickelt sie eine tiefe Verbindung zur Natur, die ihr Schutz und Heimat bietet. Ihr zurückgezogenes Leben gerät ins Wanken, als sie zwei junge Männer aus der nahegelegenen Stadt kennenlernt, die ihr die Welt außerhalb des Sumpfes näherbringen.
Die Handlung verwebt eine berührende Coming-of-Age-Geschichte mit einem fesselnden Kriminalfall: Jahre später wird der attraktive Chase Andrews tot aufgefunden, und Kya gerät unter Verdacht. Während die Ermittlungen laufen, entfaltet sich ihre bewegte Lebensgeschichte, in der Liebe, Einsamkeit und das Überleben in der Wildnis zentrale Rollen spielen. Owens erschafft dabei eine eindringliche Atmosphäre, die die Schönheit und Unbarmherzigkeit der Natur mit menschlichen Emotionen verknüpft.
Mit poetischer Sprache und feinen Naturbeschreibungen gelingt es der Autorin, eine fesselnde Mischung aus Drama, Romanze und Krimi zu erschaffen. "Der Gesang der Flusskrebse" ist nicht nur ein spannendes Leseerlebnis, sondern auch eine tiefgründige Erzählung über Ausgrenzung, Widerstandskraft und die Suche nach Zugehörigkeit.
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Benjamin Myers: Offene See
Originaltitel: The Offing
Autorin: Benjamin Myers, britischer Schriftsteller und Journalist
In "Offene See" von Benjamin Myers folgt der Leser dem jungen Robert, der in den 1940er Jahren in einem abgelegenen englischen Dorf lebt und von einem Leben in Freiheit und Abenteuer träumt. Der Roman beginnt mit einer schicksalhaften Begegnung zwischen Robert und einem alten, geheimnisvollen Mann namens Jimmey, der eine tiefere Verbindung zur Natur und zur Vergangenheit hat. Jimmey führt Robert in die Welt der Literatur, der Philosophie und der persönlichen Entfaltung ein, was den jungen Mann auf eine Reise der Selbstfindung schickt.
Der Roman entfaltet sich als eine Reise durch Zeit und Raum, in der Robert sowohl die Landschaften der englischen Küste als auch die dunklen Schatten des Zweiten Weltkriegs erlebt. Myers beschreibt mit lebendigen und detailreichen Naturbildern die rauen Küstenregionen und das unaufhörliche Rauschen der See. Gleichzeitig wird die Zeit des Krieges, die von Verlust und Zerstörung geprägt ist, durch die Augen des jungen Protagonisten lebendig. Die Erzählung berührt auch universelle Themen wie Verlust, Erinnerung und den Wunsch nach einem besseren Leben.
"Offene See" ist mehr als nur eine Coming-of-Age-Geschichte; es ist eine Meditation über die Verbindungen zwischen Menschen, der Natur und der Geschichte. Benjamin Myers gelingt es, das Leben des jungen Robert mit der breiten Weltgeschichte zu verweben und dabei eine tiefgründige Reflexion über Identität und Freiheit zu schaffen. Der Roman ist ein poetisches und nachdenkliches Werk, das die Leser dazu einlädt, über ihre eigenen Lebensgeschichten und die Natur der Welt nachzudenken.
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Ewald Arenz: Der große Sommer
Autor: Ewald Arenz, deutscher Schriftsteller
In Ewald Arenz' Der große Sommer begleitet der Leser den 12-jährigen Frieder, der nach dem Ausfall des Familienurlaubs die Sommerferien beim strengen Großvater verbringen muss, um sich auf seine Nachprüfungen in Mathe und Latein vorzubereiten. Der Sommer, der anfangs von Unmut und Sorgen geprägt ist, entwickelt sich jedoch zu einer entscheidenden Lebensphase für ihn. Im Dorf trifft Frieder auf neue Freunde und das geheimnisvolle Mädchen Beate im flaschengrünen Badeanzug, die ihm in diesem turbulenten Sommer zur Seite stehen.
Arenz zeigt meisterhaft, wie Frieder in dieser Zeit mit verschiedenen, teils widersprüchlichen Gefühlen konfrontiert wird: Freundschaft und Angst, Liebe und Verlust. Inmitten der Herausforderungen der Prüfungen entdeckt er nicht nur die Komplexität der Erwachsenenwelt, sondern auch die eigenen emotionalen Grenzen. Das Aufeinandertreffen mit dem Tod und die Auseinandersetzung mit Vertrauen und Respekt machen den Sommer zu einer Zeit, die Frieder für immer prägen wird.
Mit klarer und einfühlsamer Sprache erzählt Arenz von einem Sommer, der weit mehr als nur eine Jahreszeit des Jahres markiert – er ist ein Wendepunkt in Frieders Leben, ein Moment, in dem er erwachsen wird und die ersten bleibenden Eindrücke für die Zukunft sammelt. Der große Sommer ist ein berührendes Coming-of-Age-Werk, das auf subtile Weise den Übergang vom Kindsein ins Erwachsensein thematisiert und dabei gleichzeitig die Bedeutung von Freundschaft, Liebe und Verlust einfängt.
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Bonnie Garmus: Eine Frage der Chemie
Originaltitel: Lessons in Chemistry
Autorin: Bonnie Garmus, US-amerikanische Schriftstellerin
In "Eine Frage der Chemie" von Bonnie Garmus folgt der Leser der außergewöhnlichen Protagonistin Elizabeth Zott, einer talentierten Chemikerin in den 1960er Jahren, die sich in einer von Männern dominierten Welt behaupten muss. Elizabeth hat das Ziel, Wissenschaft und Forschung voranzubringen, doch ihre Karriere wird durch gesellschaftliche Vorurteile und ihre Rolle als Frau stark eingeschränkt. In einer Wendung des Schicksals wird sie plötzlich als Moderatorin einer Kochshow berühmt, wodurch sie auf unerwartete Weise die Möglichkeit erhält, ihre wissenschaftlichen Kenntnisse und Überzeugungen einem breiten Publikum näherzubringen.
Das Buch kombiniert humorvolle und berührende Elemente und gibt einen tiefen Einblick in die Herausforderungen und Chancen, die mit dem Kampf um Gleichberechtigung und Selbstverwirklichung verbunden sind. Elizabeths scharfsinniger Humor, ihre Unbeugsamkeit und ihr außergewöhnliches Talent machen sie zu einer faszinierenden Figur, die die Leser sowohl zum Lachen als auch zum Nachdenken bringt. Ihre Reise, die von persönlichen und beruflichen Kämpfen geprägt ist, wird zu einer Erzählung über Empowerment, Veränderung und die Macht der Wissenschaft.
Neben der persönlichen Entwicklung der Hauptfigur bietet "Eine Frage der Chemie" auch eine tiefe Reflexion über gesellschaftliche Normen, die Rolle der Frau in der Wissenschaft und das Streben nach Authentizität. Garmus' Erzählstil ist zugleich spritzig und ernst, was das Buch zu einer fesselnden Lektüre macht. Es ist eine Geschichte über Selbstbestimmung, Humor und die Überwindung von Hindernissen, die viele Leser inspirieren wird, ihre eigenen Grenzen zu hinterfragen und zu überwinden.
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Caroline Wahl: 22 Bahnen
Autorin: Caroline Wahl, deutsche Schriftstellerin
In "22 Bahnen" von Caroline Wahl erleben wir die Geschichte von Tilda, einer jungen Frau, die in einer Kleinstadt in einem heruntergekommenen Haus mit ihrer alkoholkranken Mutter und ihrer kleinen Schwester Ida lebt. Tildas Leben ist von Pflichten und Verantwortung geprägt: Sie arbeitet an der Supermarktkasse, kümmert sich um ihre Familie und fühlt sich zunehmend von der Welt und ihren eigenen Träumen entfremdet. Ihre Freunde sind längst in größere Städte gezogen, doch Tilda bleibt, um für ihre Schwester da zu sein. In einer solchen Umgebung ist es schwer, sich nach mehr zu sehnen, doch Tilda träumt von einer anderen Zukunft – einer Zukunft in Berlin, die Freiheit und vielleicht auch Glück verspricht.
Als Tilda unerwartet die Chance auf eine Promotion in Berlin erhält, scheint sich endlich eine Tür zu öffnen, die ihr ein anderes Leben ermöglichen könnte. Doch gerade als sie an den ersten Schritt in eine neue Zukunft glaubt, taucht Viktor auf – der große Bruder von Ivan, mit dem sie früher befreundet war. Die beiden verbindet eine kleine, fast vergessene Tradition: 22 Bahnen schwimmen. Viktor bringt Tilda zum Nachdenken, nicht nur über ihre eigene Zukunft, sondern auch über ihre komplexe Familiengeschichte, die von Liebe und Leid gleichermaßen geprägt ist. Doch je näher sie einer neuen Chance kommt, desto mehr gerät die Situation zu Hause außer Kontrolle, und Tilda muss sich entscheiden, wie viel Verantwortung sie noch tragen kann und wie viel Freiheit sie sich zugestehen möchte.
Caroline Wahl schafft es, in "22 Bahnen" eine Geschichte zu erzählen, die von den feinen Linien zwischen Verantwortung und Sehnsucht nach Freiheit handelt. Mit einer Mischung aus rauer Realität und zarten Momenten des Glücks entfaltet sich die Erzählung von Tilda, die zwischen den Anforderungen ihrer Familie und ihren eigenen Wünschen nach einer besseren Zukunft hin- und hergerissen ist. Der Roman ist eine eindrucksvolle Auseinandersetzung mit familiären Bindungen, der Last der Verantwortung und der Hoffnung auf Veränderung – ein Buch, das den Leser sowohl zum Nachdenken anregt als auch mitfühlen lässt.
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Alina Bronsky: Pi mal Daumen
Autorin: Alina Bronsky, russisch-deutsche Schriftstellerin
In "Pi mal Daumen" von Alina Bronsky wird eine ungewöhnliche und bewegende Freundschaft zwischen zwei Menschen unterschiedlicher Welten erzählt. Oscar, ein hochbegabter 16-Jähriger aus adeligen Verhältnissen, trifft im Hörsaal auf Moni Kosinsky, eine lebenskluge Frau mittleren Alters, die als Putzfrau arbeitet, aber heimlich ein Mathe-Studium beginnt. Während Oscar in der Welt der Wissenschaft und Privilegien zu kämpfen hat, ist Moni eine quirlige, energiegeladene Frau, die sich nie davon abhalten lässt, ihren Traum zu verwirklichen – trotz des Alters, ihres Aussehens und der Vorurteile, die ihr im Studium begegnen. Ihre unorthodoxe Art, sich der Mathematik zu nähern, überrascht alle, auch Oscar, der erkennt, dass Monis Wissensdurst und Beharrlichkeit oft mehr wert sind als sein angeborenes Talent.
Die Geschichte entfaltet sich als eine warme und zugleich humorvolle Erzählung über zwei Außenseiter, die sich gegenseitig auf unerwartete Weise bereichern. Oscar kämpft mit seinem eigenen Leben und der Leere hinter seinem begabten, privilegierten Image. Moni hingegen, die sich nie vom Leben unterkriegen lässt, wird zu einer unerwarteten Mentorin und Vertrauten. Ihre Freundschaft, die von Humor, Herausforderungen und unerschütterlicher Unterstützung geprägt ist, entwickelt sich zu einem faszinierenden, emotionalen Band zwischen den beiden. Der Roman zeigt, dass wahre Freundschaft und Wissen oft über die Grenzen von Herkunft, Alter und gesellschaftlichem Status hinausreichen.
Alina Bronsky gelingt es, in "Pi mal Daumen" auf leichte und humorvolle Weise tiefe Themen wie Ausgrenzung, Selbstfindung und den Wert von Bildung zu behandeln. Die erfrischend unkonventionelle Heldin Moni wird von der Autorin mit viel Charme und Witz gezeichnet, während Oscar als Figur mit Konflikten und Unsicherheiten begeistert. Die Mischung aus Tragikomik und der Darstellung der Herausforderungen des Lebens und Studiums macht das Buch zu einer berührenden und unterhaltsamen Lektüre, die weit über die Mathematik hinaus die menschliche Verbindung in den Mittelpunkt stellt.
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Weitere Lieblingsbücher der Buchhändler von 2015 bis 2024
Nicht nur die obigen Siegerbücher, sondern auch die Shortlist-Titel für das "Lieblingsbuch der Unabhängigen" sind hervorragende Lesetipps – handverlesen von unabhängigen Buchhändlern aus ganz Deutschland. Diese Bücher haben es nicht ohne Grund in die engere Auswahl geschafft: Sie zählen zu den besten Neuerscheinungen des jeweiligen Jahres und wurden im Buchhandel besonders häufig empfohlen.
Die Titel der Shortlists zeichnen sich durch große erzählerische Qualität, emotionale Tiefe oder besondere Originalität aus. Es handelt sich um Bestseller-Titel, Geheimtipps und gute Romane, die Leser nachhaltig begeistern. Auch wenn sie am Ende nicht den Preis gewonnen haben, gelten sie als herausragende Buchempfehlungen. Wer neue Lieblingsbücher entdecken möchte, findet auch hier eine inspirierende Auswahl literarischer Perlen:
Lily King: Euphoria
Autorin: Lily King, US-amerikanische Schriftstellerin und Hochschullehrerin
Mit "Euphoria" entführt Lily King ihre Leser in die exotische und zugleich gefährliche Welt der Ethnologie der 1930er-Jahre. Inspiriert von der Lebensgeschichte der berühmten Anthropologin Margaret Mead, erzählt der Roman von drei Forschern, die im Dschungel Neuguineas aufeinandertreffen. Die gefeierte Wissenschaftlerin Nell Stone reist mit ihrem eifersüchtigen Ehemann Fen von Stamm zu Stamm, um das Leben der indigenen Völker zu dokumentieren. Als sie dem jungen, idealistischen Forscher Andrew Bankson begegnen, entsteht ein intellektuelles wie emotionales Spannungsfeld, das zunehmend aus dem Ruder läuft.
King gelingt es auf beeindruckende Weise, wissenschaftliche Neugier, koloniale Fragen und persönliche Leidenschaften miteinander zu verweben. Die Beziehungen zwischen den drei Protagonisten sind von Bewunderung, Rivalität und unterdrückter Begierde geprägt. Dabei bleibt der Roman nie oberflächlich, sondern beleuchtet feinfühlig die Machtverhältnisse innerhalb der Beziehung, die Rolle von Frauen in der Wissenschaft und den Einfluss westlicher Forschung auf indigene Kulturen.
"Euphoria" überzeugt nicht nur durch seine dichte Atmosphäre und das psychologische Feingefühl, sondern auch durch einen eleganten, klaren Stil. Lily King gelingt ein faszinierender Roman über Grenzerfahrungen – geografisch, emotional und intellektuell. Wer sich für kluge Literatur mit historischem Hintergrund, starken Frauenfiguren und existenziellen Fragen interessiert, wird in diesem Roman eine bewegende und mitreißende Lektüre finden.
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Klaus Modick: Konzert ohne Dichter
Autor: Klaus Modick, deutscher Schriftsteller und literarischer Übersetzer
In "Konzert ohne Dichter" wirft Klaus Modick einen eindrucksvollen Blick auf die Künstlerkolonie Worpswede um 1900 und erzählt die Geschichte einer intensiven Freundschaft, die in Entfremdung und künstlerischer Abkehr endet. Im Zentrum steht der Maler Heinrich Vogeler, der als junger Idealist mit seinem berühmten Bild „Sommerabend – Konzert ohne Dichter“ ein symbolträchtiges Gruppenporträt der Worpsweder Gemeinschaft schafft. Jahre später blickt er auf die Entstehung dieses Gemäldes zurück – und auf seine Beziehung zum Dichter Rainer Maria Rilke, der einst zum engsten Freundeskreis gehörte.
Modick verwebt kunstvoll reale historische Figuren und Ereignisse mit einer fiktiven, aber glaubwürdig nachempfundenen Innenwelt Vogelers. Der Roman ist zugleich Künstlerroman, Zeitporträt und leise Abrechnung mit einer Epoche, in der Ästhetik, Lebenskunst und Individualismus großgeschrieben wurden. Die innere Distanz, die Vogeler beim Rückblick auf sein jüngeres Ich und die damalige Künstlergemeinschaft empfindet, spiegelt die tiefe Verunsicherung eines Menschen, der seine Ideale hinterfragt und neue Wege sucht.
Mit feinsinnigem Stil und viel Gespür für Atmosphäre gelingt Modick ein melancholisch-schöner Roman über Freundschaft, Kunst und das Vergehen von Idealen. "Konzert ohne Dichter" ist eine einfühlsame Auseinandersetzung mit dem Verhältnis von Leben und Kunst – und ein literarisches Gemälde über das, was bleibt, wenn die Musik der Vergangenheit verklungen ist.
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Karin Kalisa: Sungs Laden
Autorin: Karin Kalisa, deutschsprachige Schriftstellerin und Japanologin
In "Sungs Laden" erzählt Karin Kalisa mit leiser Ironie und viel Wärme eine ungewöhnliche Geschichte über kulturelle Begegnung, Solidarität und die Kraft der Sprache. Im Mittelpunkt steht der kleine asiatische Lebensmittelladen von Sung, gelegen in einem Berliner Kiez, der eigentlich wenig mit Vietnam verbindet. Doch als Sungs Sohn bei einem Schulprojekt vietnamesische Märchen in der Muttersprache seiner Familie vorträgt, beginnt sich das Viertel zu verändern – und mit ihm die Menschen, die dort leben.
Kalisa entwickelt eine charmante Erzählung über das Miteinander in einer multikulturellen Gesellschaft, die von Offenheit und gegenseitigem Respekt getragen wird. Aus einer scheinbar beiläufigen Begebenheit entspinnt sich eine zarte Utopie: Die Nachbarschaft rückt näher zusammen, alte Vorurteile lösen sich auf, und plötzlich wird ein Berliner Hinterhof zum Schauplatz kultureller Vielfalt. Dabei ist "Sungs Laden" nicht naiv, sondern bewusst versponnen, poetisch und dennoch mit einem klaren Blick auf gesellschaftliche Herausforderungen.
Der Roman lebt von seinen sympathischen Figuren, den feinen Beobachtungen und einem Ton, der gleichermaßen heiter wie nachdenklich stimmt. "Sungs Laden" ist ein kluges, anrührendes Buch über das Potenzial des Miteinanders – und über die kleinen Impulse, aus denen große Veränderungen erwachsen können. Ein leiser, aber kraftvoller Roman, der Hoffnung macht.
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Jane Gardam: Ein untadeliger Mann
Autorin: Jane Gardam, englische Schriftstellerin
Mit feinem britischen Humor und großer erzählerischer Eleganz zeichnet Jane Gardam in "Ein untadeliger Mann" das Porträt von Edward Feathers, einem ehemaligen Kronanwalt und Richter in Hongkong, der sich nach seiner Pensionierung in ein stilles Cottage in Südengland zurückzieht. Nach außen wirkt er wie der Inbegriff der Würde – makellos gekleidet, höflich, beherrscht. Doch hinter der Fassade des „untadeligen Mannes“ verbirgt sich ein Leben voller Verluste, unerfüllter Sehnsüchte und verdrängter Gefühle.
Gardam erzählt mit Rückblenden aus Edwards Kindheit, seiner Ausbildung in England, den Kriegsjahren und seiner Karriere im britischen Kolonialdienst. Stück für Stück enthüllt sich dabei das Bild eines Mannes, der früh lernen musste, Gefühle zu kontrollieren – und der genau daran fast zerbricht. Der Roman berührt durch seine kluge Reflexion über Pflicht, Liebe, Einsamkeit und die Risse im scheinbar perfekten Lebensentwurf eines Gentleman alter Schule.
"Ein untadeliger Mann" ist ein literarisch glänzender, leise melancholischer Roman voller Witz, Tiefgang und psychologischer Genauigkeit. Jane Gardam gelingt es, mit sparsamen, präzisen Sätzen ein ganzes Leben zu erzählen – bewegend, subtil und mit einem scharfen Blick für die Zwischentöne. Ein stilles Meisterwerk über ein Jahrhundertleben und die Kraft der Erinnerung.
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Isabel Bogdan: Der Pfau
Autorin: Isabel Bogdan, deutsche Literaturübersetzerin, Schriftstellerin und Bloggerin
In "Der Pfau" entwirft Isabel Bogdan eine kluge, amüsante und wunderbar britisch anmutende Komödie, die in den schottischen Highlands spielt. Auf einem abgelegenen Anwesen bereitet sich ein Banker-Team auf ein Teambuilding-Wochenende vor – nichtsahnend, dass ein völlig durchgedrehter Pfau und allerlei Missverständnisse bald für Chaos sorgen werden. Als der schöne, aber aggressive Vogel plötzlich verschwindet, beginnt ein feines Spiel aus Verdrängung, Höflichkeit und verschlüsselter Kommunikation, das herrlich absurd und zugleich messerscharf beobachtet ist.
Bogdan erzählt mit lakonischem Witz und einem Gespür für zwischenmenschliche Dynamiken. Ihre Figuren – von der strengen Chefin über die leicht überforderte Köchin bis zum stoischen Wildhüter – sind liebevoll gezeichnet, oft skurril, aber nie karikiert. Der Roman lebt vom Kontrast zwischen britischer Contenance und innerer Aufruhr, zwischen gepflegtem Smalltalk und stiller Eskalation. Dabei bleibt die Sprache klar, pointiert und voller feiner Ironie.
"Der Pfau" ist mehr als eine amüsante Verwechslungskomödie: Es ist ein unterhaltsames Kammerspiel über Gruppendynamik, Statusdenken und menschliche Eigenheiten. Isabel Bogdan gelingt ein intelligenter, leichtfüßiger Roman mit Tiefgang – charmant, klug und mit einem feinen Gespür für das Absurde im Alltäglichen. Eine kleine literarische Komödie, die lange nachklingt.
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J. L. Carr: Ein Monat auf dem Land
Autor: J. L. Carr, britischer Schriftsteller und Verleger
J. L. Carrs Roman "Ein Monat auf dem Land" ist eine leise, poetische Geschichte über Heilung, Einsamkeit und die stille Schönheit des Landlebens. Im Sommer des Jahres 1920 reist der junge Kriegsveteran Tom Birkin in ein abgelegenes Dorf in Yorkshire, um in einer alten Kirche ein mittelalterliches Wandgemälde freizulegen. Noch gezeichnet von den seelischen Narben des Ersten Weltkriegs und einer gescheiterten Ehe, findet er in der einfachen Arbeit, der Landschaft und der zurückhaltenden Freundlichkeit der Dorfbewohner allmählich zu sich selbst zurück.
Carr beschreibt mit feinem Gespür die langsame Rückkehr ins Leben, ohne große Worte oder dramatische Wendungen. Die Handlung entfaltet sich still und behutsam, getragen von einer tiefen Melancholie und einem leisen Glück. Parallel zu Birkins Restaurierungsarbeit gräbt ein Archäologe auf dem Kirchhof nach einem geheimnisvollen Grab – auch dies ein stilles Sinnbild für das freilegen verborgener Schichten, äußerlich wie innerlich. Zwischen beiden Männern entsteht eine wortkarge, aber tiefe Verbundenheit.
"Ein Monat auf dem Land" ist ein Roman von großer literarischer Schlichtheit und emotionaler Tiefe. J. L. Carr gelingt es, in knappem Umfang ein ganzes Leben, einen ganzen Sommer, ja eine ganze Zeitstimmung einzufangen. Wer sich auf das leise Tempo einlässt, wird mit einem warmherzigen, melancholischen und tief bewegenden Leseerlebnis belohnt. Ein stilles Meisterwerk über das Vergehen der Zeit – und einen Moment des Friedens.
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Sylvie Schenk: Schnell, dein Leben
Autorin: Sylvie Schenk, deutsch-französische Schriftstellerin
In "Schnell, dein Leben" erzählt Sylvie Schenk eine leise, eindringliche Geschichte über Herkunft, Identität und das Ringen um ein selbstbestimmtes Leben. Im Zentrum steht eine junge Frau, die in den 1960er-Jahren aus einer französischen Kleinstadt nach Deutschland zieht – aus Liebe, aber auch, um den Engeverhältnissen ihrer Kindheit zu entkommen. Doch die Vergangenheit reist mit: die Sprachbarriere, das Schweigen über familiäre Traumata und die innere Zerrissenheit zwischen zwei Ländern, zwei Kulturen, zwei Leben.
Schenk schreibt in einem klaren, schnörkellosen Stil, der umso mehr berührt, weil er auf Pathos verzichtet. Ihre Sprache ist präzise, lakonisch und voller Zwischentöne. Mit feinem Gespür für innere Konflikte und gesellschaftliche Erwartungen zeichnet sie den Weg einer Frau, die sich in der Fremde behaupten muss – beruflich, sprachlich, emotional. Dabei stellt der Roman kluge Fragen: Wie stark prägt uns unsere Herkunft? Wie lässt sich Nähe herstellen, wenn die Worte fehlen? Und kann man je ganz neu anfangen?
"Schnell, dein Leben" ist ein stilles, kraftvolles Buch über das Ankommen und das Weitergehen, über das Erinnern und das Vergessen. Sylvie Schenk gelingt ein intensiver Roman, der tief berührt, ohne laut zu sein – persönlich und doch exemplarisch für viele Erfahrungen von Migration, Sprachlosigkeit und weiblicher Selbstbehauptung. Ein kluges, bewegendes Leseerlebnis mit langer Nachwirkung.
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Juli Zeh: Unterleuten
Autorin: Juli Zeh, deutsche Schriftstellerin, Juristin und ehrenamtliche Richterin am Verfassungsgericht des Landes Brandenburg
In ihrem Roman "Unterleuten" entwirft Juli Zeh ein vielstimmiges Gesellschaftspanorama, das zugleich spannend wie tiefgründig ist. Im fiktiven brandenburgischen Dorf Unterleuten prallen die Welten aufeinander: Alteingesessene und Zugezogene, Idealisten und Pragmatiker, Kapitalisten und Naturschützer. Als ein Windpark in der Nähe des Dorfes geplant wird, entlädt sich ein lange schwelender Konflikt – nicht nur um wirtschaftliche Interessen, sondern um Macht, Moral und Lebensentwürfe.
Juli Zeh erzählt diese Geschichte mit großer Raffinesse aus wechselnden Perspektiven und lässt ihre Figuren – vom ehemaligen SED-Bürgermeister bis zur pferdeliebenden Aussteigerin – selbst zu Wort kommen. So entsteht ein vielschichtiges Bild einer Gemeinschaft, in der jeder glaubt, im Recht zu sein, und doch keiner wirklich über den eigenen Horizont hinausblickt. Dabei gelingt es Zeh, persönliche Geschichten mit politischen Fragen zu verknüpfen, ohne je belehrend zu wirken.
"Unterleuten" ist ein kluger, packender Gesellschaftsroman über die Mechanismen von Macht, die Spannungen zwischen Stadt und Land und die menschliche Neigung zur Selbsttäuschung. Mit psychologischem Feinsinn und scharfem Blick für soziale Dynamiken zeigt Juli Zeh, wie komplex Zusammenleben wirklich ist – und wie brüchig der soziale Friede sein kann. Ein ebenso unterhaltsames wie aufwühlendes Leseerlebnis.
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Isabelle Autissier: Herz auf Eis
Autorin: Isabelle Autissier, französische Seglerin und Schriftstellerin
In "Herz auf Eis" erzählt Isabelle Autissier eine ebenso spannende wie erschütternde Geschichte über das Überleben in der Wildnis – und das Zerbrechen einer Beziehung unter extremen Bedingungen. Ein junges Paar, Louise und Ludovic, segelt voller Abenteuerlust in die Südsee. Als sie auf einer abgelegenen Insel an Land gehen, überrascht sie ein Sturm, der ihr Boot zerstört. Plötzlich sind sie völlig auf sich allein gestellt – ohne Hilfe, ohne Verbindung zur Außenwelt, ausgeliefert der Natur und sich selbst.
Was zunächst wie ein romantisches Abenteuer erscheint, wird schnell zum erbarmungslosen Kampf ums Überleben. Nahrung wird knapp, die Kälte unerträglich, die Isolation zehrt an Körper und Geist. Doch mehr noch als die äußeren Bedingungen ist es die psychische Belastung, die ihre Beziehung auf die Probe stellt: Wer sind wir, wenn alle zivilisatorischen Sicherheiten verschwinden? Wie viel Menschlichkeit bleibt unter extremem Druck? Autissier beschreibt eindringlich, wie Nähe in Distanz kippen kann – und Liebe in Grausamkeit.
"Herz auf Eis" ist ein fesselnder Roman über das Ausgeliefertsein, über Freiheit und Verantwortung, Naturgewalt und menschliche Abgründe. Mit klarer, schnörkelloser Sprache und unbarmherziger Konsequenz erzählt Isabelle Autissier eine Geschichte, die unter die Haut geht – existenziell, brutal und erschreckend realistisch. Ein Buch, das lange nachwirkt und Fragen stellt, auf die es keine einfachen Antworten gibt.
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Kent Haruf: Unsere Seelen bei Nacht
Autor: Kent Haruf, US-amerikanischer Schriftsteller
In "Unsere Seelen bei Nacht" entführt Kent Haruf seine Leser in das abgelegene, kleine Städtchen Holt in Colorado, wo der alternde und verwitwete Louis findet, dass die Einsamkeit ihn zunehmend erdrückt. Eines Nachts fasst er den mutigen Entschluss, seine Nachbarin, die gleichaltrige Addie, zu besuchen und sie um etwas zu bitten, das ihm schwerfällt: Sie soll in den Nächten zu ihm kommen, um mit ihm zu reden und die Stille zu teilen. Was zu Beginn wie eine simple Anfrage wirkt, entwickelt sich zu einer zarten, berührenden Geschichte über das Leben, die Liebe und das Altern.
Haruf beschreibt diese ungewöhnliche Begegnung mit einer Sprache, die zugleich schlicht und tiefgründig ist. In den nächtlichen Gesprächen zwischen Louis und Addie geht es nicht nur um die großen Themen des Lebens, sondern auch um das Alltägliche, das mit den Jahren oft vergessen wird. Die leise Intimität zwischen den beiden ist von einer schonungslosen Ehrlichkeit geprägt, aber auch von einem stillen Trost. Es ist die Geschichte einer späten Begegnung, die an die Fragilität des Lebens und die Bedeutung von Nähe erinnert – unabhängig vom Alter.
"Unsere Seelen bei Nacht" ist ein berührendes Plädoyer für zwischenmenschliche Verbindung in den letzten Jahren des Lebens. Haruf gelingt es, mit wenigen Worten und einer feinen, nahezu poetischen Erzählweise ein tiefes Verständnis für die Bedürfnisse des Menschen zu wecken. Der Roman ist voller Zärtlichkeit, ohne je sentimental zu werden, und lässt den Leser über das Alter, die Einsamkeit und die bleibende Hoffnung nachdenken. Ein tiefgehendes und stilles Leseerlebnis, das lange nachhallt.
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Maja Lunde: Die Geschichte der Bienen
Autorin: Maja Lunde, norwegische Schriftstellerin
In ihrem beeindruckenden Roman "Die Geschichte der Bienen" verbindet Maja Lunde gekonnt historische, gegenwärtige und zukünftige Erzählstränge zu einem faszinierenden Ganzen. Der Roman dreht sich um drei Hauptfiguren aus unterschiedlichen Epochen: den Imker William im Jahr 1852, die Bienenforscherin George im Jahr 2007 und die junge Tao, die im Jahr 2098 lebt, in einer Welt, in der die Bienen ausgestorben sind. Alle drei sind auf ihre Weise mit den Bienen verbunden, deren Schicksal das ihrige bestimmt. Durch diese Perspektiven spiegelt Lunde eindrucksvoll die Bedeutung der Bienen für das ökologische Gleichgewicht und die menschliche Zivilisation wider.
Lunde gelingt es, das Thema auf faszinierende Weise in den Mittelpunkt zu stellen, ohne je den Spannungsbogen zu verlieren. Sie beschreibt nicht nur die Auswirkungen der Bienenkrise auf die Natur und die Gesellschaft, sondern auch die persönlichen Kämpfe der Protagonisten. Die jeweiligen Erzählstränge sind tiefgründig und emotional, sie eröffnen Einblicke in die menschlichen Beziehungen, den Fortschritt der Wissenschaft und die Verantwortung für die Umwelt. Dabei gelingt es der Autorin, die fiktiven Geschichten mit realen ökologischen Problemen zu verweben und die Lesenden zu einem reflektierten Umgang mit der Natur zu ermuntern.
"Die Geschichte der Bienen" ist ein vielschichtiger Roman, der nicht nur die Dringlichkeit des ökologischen Wandels anspricht, sondern auch universelle Themen wie Liebe, Verlust und Verantwortung aufgreift. Maja Lunde gelingt es, ein großes gesellschaftliches Thema auf intime, persönliche Geschichten herunterzubrechen, sodass die Lesenden emotional und intellektuell gleichermaßen gefordert werden. Ein tiefgehendes, eindrucksvolles Leseerlebnis, das lange nachhallt und einen bleibenden Eindruck hinterlässt.
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Takis Würger: Der Club
Autor: Takis Würger, deutscher Journalist und Schriftsteller
Takis Würger entfaltet in "Der Club" eine packende, tiefgründige Geschichte über Macht, Manipulation und die dunklen Seiten elitärer Gesellschaften. Der Roman spielt in einem britischen Herrenclub, einem exklusiven Ort, an dem Macht, Privilegien und Geheimnisse im Verborgenen gedeihen. Der junge deutsche Student Hans wird dort von einem geheimen Club aufgenommen, der eine Mischung aus Tradition, Macht und rücksichtsloser Exklusivität darstellt. Schnell ist er fasziniert von den charismatischen, aber gefährlichen Mitgliedern, die mit einem mysteriösen Ritual und einer erbarmungslosen Hierarchie operieren. Doch je tiefer Hans in die Welt des Clubs eintaucht, desto mehr erkennt er, dass er in einem Spiel um seine eigene Seele gefangen ist.
Würgers Erzählweise ist direkt und zugleich spannend, und er verwebt geschickt Themen wie moralische Verantwortung und die Gefährlichkeit von Gruppenzwang. Hans' Entwicklung im Club wird von den Lesern bis zur letzten Seite mit Spannung verfolgt. Was als naives Abenteuer beginnt, entwickelt sich zu einem existenziellen Kampf um die eigene Identität und die Frage, wie weit man für Macht und Anerkennung gehen darf. In diesem Mikrokosmos entfaltet sich eine kritische Reflexion über die Verlockungen des Erfolgs und die zerstörerische Kraft von Machtspielen.
"Der Club" ist ein scharfsinniger und fesselnder Roman, der sich mit den Abgründen einer elitären, machtbesessenen Gesellschaft auseinandersetzt. Würger gelingt es, die subtilen Mechanismen von Kontrolle und Manipulation zu zeigen und dabei einen spannungsgeladenen Thriller zu liefern. Die packende Mischung aus psychologischer Tiefe und gesellschaftskritischem Fokus macht das Buch zu einem eindrucksvollen Leseerlebnis. Es regt nicht nur zum Nachdenken über die dunklen Seiten des Erfolgs an, sondern auch zu einer Auseinandersetzung mit den eigenen Werten und Grenzen.
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Lætitia Colombani: Der Zopf
Autorin: Lætitia Colombani, französische Schauspielerin, Regisseurin, Drehbuchautorin und Schriftstellerin
In "Der Zopf" verwebt Lætitia Colombani die Geschichten dreier Frauen aus verschiedenen Teilen der Welt zu einem kraftvollen und bewegenden Roman. Smita, eine "Unberührbare" in Indien, träumt von einer besseren Zukunft für ihre Tochter. Giulia lebt in Sizilien und möchte das Familienunternehmen ihres Vaters übernehmen, trotz des Widerstands der patriarchalen Strukturen. Sarah ist eine erfolgreiche Anwältin in Kanada, deren Leben durch eine Krebsdiagnose aus den Fugen gerät. Was diese Frauen verbindet, ist nicht nur der Zopf, der in jeder ihrer Geschichten eine besondere Rolle spielt, sondern auch der gemeinsame Kampf um Selbstbestimmung und Freiheit.
Colombani gelingt es, persönliche und gesellschaftliche Themen miteinander zu verknüpfen. Jede Frau steht vor scheinbar unüberwindbaren Herausforderungen, die tief in den jeweiligen sozialen und kulturellen Strukturen verwurzelt sind. Doch durch ihre Entschlossenheit und die Hoffnung auf Veränderung wächst ihre innere Stärke. Der Zopf wird so zu einem Symbol der Solidarität und der Kraft, gegen Widerstände anzukämpfen.
"Der Zopf" ist ein inspirierender Roman über die universelle Suche nach Freiheit, Mut und Selbstverwirklichung. Colombani fängt die inneren Kämpfe ihrer Protagonistinnen mit viel Empathie ein und regt zum Nachdenken über die eigene Rolle in der Welt an. Ein berührendes und eindrucksvolles Leseerlebnis.
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Mareike Fallwickl: Dunkelgrün fast schwarz
Autorin: Mareike Fallwickl, österreichische Schriftstellerin
Mareike Fallwickl entfaltet in "Dunkelgrün fast schwarz" die bewegende Geschichte von vier jungen Frauen, die in einer unheilvollen Dynamik miteinander verbunden sind. Die Protagonistin, Mina, lebt in einer von Geheimnissen und unerfüllten Wünschen geprägten Welt. Sie ist Teil eines Freundeskreises, der aus ihrer Schwester und deren besten Freundinnen besteht, doch die Beziehungen innerhalb dieser Gruppe sind von Spannungen und unausgesprochenen Konflikten geprägt. Als Mina eine Entscheidung trifft, die sie tief in die Abgründe ihrer eigenen Seele führt, wird die Freundschaft auf die Probe gestellt. Es ist eine Geschichte von Vertrauen und Verrat, von Verlangen und Enttäuschung, die von Fallwickl mit psychologischer Finesse erzählt wird.
Was den Roman besonders auszeichnet, ist die eindrucksvolle Art und Weise, wie Fallwickl die innere Zerrissenheit ihrer Figuren schildert. Die Autorin schafft es, die unbewussten Ängste und Wünsche ihrer Charaktere auf eine so präzise Weise darzustellen, dass der Leser sich in deren Gedanken und Gefühlen wiederfindet. Die Schilderung von Minas zunehmender Verstrickung in ihr eigenes Dilemma und die schmerzhafte Auseinandersetzung mit ihrer Vergangenheit erzeugen eine Spannung, die den Leser fesselt.
"Dunkelgrün fast schwarz" ist ein intensiver Roman, der das Zusammenspiel von Freundschaft, Schuld und Identität thematisiert. Fallwickl gelingt es, komplexe emotionale Landschaften mit einer klaren, fast kühlen Sprache darzustellen, was den Roman besonders eindrucksvoll macht. Ein psychologisch tiefgehendes Buch, das den Leser nicht nur mit der Geschichte, sondern auch mit den eigenen Gedanken und Gefühlen konfrontiert.
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Celeste Ng: Kleine Feuer überall
Autorin: Celeste Ng, US-amerikanische Schriftstellerin
Celeste Ng entfaltet in ihrem Roman "Kleine Feuer überall" ein meisterhaftes Porträt der amerikanischen Vorstadt und beleuchtet die komplexen Verstrickungen von Familie, Rassismus und sozialer Ungleichheit. Die Geschichte spielt in der wohlhabenden Stadt Shaker Heights, Ohio, wo sich zwei Familien – die perfekten Richardson und die weniger privilegierte Mutter-Tochter-Duo Mia und Pearl – begegnen. Was zunächst nach einer ruhigen Nachbarschaftsgeschichte aussieht, entwickelt sich schnell zu einem packenden Drama, als sich die Schicksale der beiden Familien durch eine Reihe von Konflikten, Geheimnissen und moralischen Dilemmata überschneiden.
Ng gelingt es, in "Kleine Feuer überall" eine tiefgründige Auseinandersetzung mit den Themen Identität und Zugehörigkeit zu schaffen. Die Autorin beleuchtet auf subtile Weise die Erwartungen der Gesellschaft und die Art und Weise, wie soziale Normen das Leben der Figuren bestimmen. Die Beziehungen innerhalb der Richardson-Familie, die von oberflächlicher Perfektion geprägt sind, und die unabhängige, unkonventionelle Lebensweise von Mia und Pearl führen zu Spannungen und Konflikten, die schließlich in einem erschütternden Höhepunkt münden. Die Familienmitglieder müssen sich mit ihren eigenen Vorurteilen, Geheimnissen und moralischen Überzeugungen auseinandersetzen.
"Kleine Feuer überall" ist ein beeindruckendes Porträt moderner amerikanischer Gesellschaft und ein Roman über die Komplexität von Mutterschaft, Identität und sozialer Gerechtigkeit. Ng schildert die Handlung mit einer Mischung aus Feingefühl und Präzision, wodurch die Charaktere lebendig und die Geschichte tiefgründig wird. Der Roman ist sowohl ein fesselnder psychologischer Thriller als auch eine scharfsinnige gesellschaftliche Analyse, die lange nach dem Lesen zum Nachdenken anregt. Ein Buch, das sich mit den Herausforderungen und Widersprüchen des modernen Lebens auseinandersetzt und die Leser mit offenen Fragen zurücklässt.
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Anne Reinecke: Leinsee
Autorin: Anne Reinecke, deutsche Schriftstellerin
In ihrem eindrucksvollen Debütroman "Leinsee" entfaltet Anne Reinecke eine poetische und tiefgründige Geschichte über Verlust, Erinnerungen und den Versuch, das eigene Leben inmitten von Schmerz und Ungewissheit neu zu ordnen. Die Protagonistin, die namenlos bleibt, kehrt nach Jahren in ihre Heimatstadt zurück, um den Tod ihrer Mutter zu verarbeiten. Sie stellt sich der Vergangenheit, die sie über die Jahre hinweg immer mehr verdrängt hat, und entdeckt dabei die Bedeutung eines geheimen Sees, der in ihrer Kindheit eine zentrale Rolle spielte. Der Leinsee wird zum Symbol für die unaufgearbeiteten Gefühle, die die Erlebnisse ihrer Jugend hervorrufen.
Reinecke gelingt es, in "Leinsee" eine dichte Atmosphäre aus Erinnerungen, Naturbildern und seelischen Landschaften zu erschaffen. Der Roman bewegt sich auf einer poetischen Ebene und wechselt zwischen Gegenwart und Vergangenheit, wobei die Grenzen zwischen den beiden zunehmend verschwimmen. Der See und die damit verbundenen Erinnerungen sind der Schlüssel zu einem tiefen inneren Konflikt, den die Protagonistin nur langsam zu lösen vermag. Dabei wird der Leser in eine Welt gezogen, die von emotionaler Intensität geprägt ist und sowohl von der Suche nach Selbstverständnis als auch von der Auseinandersetzung mit den eigenen Wurzeln handelt.
"Leinsee" ist ein beeindruckender Roman, der die Zerbrechlichkeit des menschlichen Daseins und die Bedeutung von Heimat und Erinnerungen thematisiert. Anne Reinecke erzählt mit viel Sensibilität und einer schlichten, aber kraftvollen Sprache, die der inneren Reise der Protagonistin Raum gibt. Der Roman ist ein leises, aber intensives Leseerlebnis, das die Leser mit Fragen über die eigene Vergangenheit und die Art und Weise, wie Erinnerungen unser Leben prägen, zurücklässt. Ein Buch, das mit seinen poetischen Bildern und tiefgründigen Themen überzeugt.
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Ewald Arenz: Alte Sorten
Autor: Ewald Arenz, deutscher Schriftsteller
In "Alte Sorten" erzählt Ewald Arenz eine einfühlsame und tiefgründige Geschichte über Heilung, Freundschaft und die stille Kraft der Natur. Die Handlung beginnt mit der Begegnung zweier ungleicher Frauen: Sally, einer jungen Rebellin, die vor ihrer Vergangenheit flieht, und Liss, einer eigenwilligen Bäuerin, die zurückgezogen auf ihrem Hof lebt. Nach einem Unfall landet Sally bei Liss, und aus einer widerwilligen Zweckgemeinschaft entwickelt sich eine unerwartete Verbindung. Die alten Obstsorten, die Liss pflegt, werden zum Symbol für die Möglichkeit, trotz tiefer Wunden Wurzeln zu schlagen und Neues wachsen zu lassen.
Arenz schildert die langsame, aber tiefgreifende Veränderung der beiden Frauen mit poetischer Präzision. Der Roman lebt von einer klaren, fast meditativen Sprache, die der Natur und den kleinen Alltagsmomenten viel Raum gibt. Während Sally Vertrauen findet und Liss ihre Schutzmauern öffnet, entführt Arenz die Lesenden in eine Welt, in der Selbstfindung im Einklang mit der Außenwelt geschieht. Die Arbeit mit den Obstbäumen wird zur Metapher für die innere Reise der Figuren – ein Prozess, der von Schmerz, Hoffnung und stiller Zuwendung geprägt ist.
"Alte Sorten" ist ein berührender und stilistisch eleganter Roman über Neuanfänge, die Zerbrechlichkeit von Beziehungen und die heilende Kraft der Natur. Ewald Arenz erzählt mit feiner Balance zwischen innerer Reflexion und äußerer Welt eine Geschichte, die zum Nachdenken anregt. Ein leises, aber intensives Leseerlebnis für alle, die an die Bedeutung von Freundschaft und die Schönheit im Unvollkommenen glauben.
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Karin Kalisa: Radio Activity
Autorin: Karin Kalisa, deutschsprachige Schriftstellerin und Japanologin
In Radio Activity von Karin Kalisa entfaltet sich eine packende Geschichte über die Jagd nach Gerechtigkeit und die Konsequenzen des Handelns außerhalb der Grenzen des Gesetzes. Die Protagonistin, Nora Tewes, hat eine unverwechselbare Radiostimme und einen Plan: Sie möchte einen Mann zur Rechenschaft ziehen, der ihre Mutter als Kind missbraucht hat. Doch der Täter ist nie belangt worden, und das Verbrechen ist inzwischen verjährt. Nora nutzt ihre Plattform als Moderatorin eines unabhängigen Radiosenders, um das Unrecht öffentlich zu machen und die Aufmerksamkeit der Zuhörer zu gewinnen. Doch das Spiel, das sie spielt, wird zunehmend gefährlicher.
Kurz nach der Rückkehr in ihre Heimatstadt, um sich von ihrer sterbenden Mutter zu verabschieden, wird Nora mit einer tiefen Wunde aus der Vergangenheit konfrontiert. Das Verbrechen, das ihre Mutter als Kind erlebte, ist nicht nur schmerzhaft, sondern auch eine unbeantwortete Frage, die Nora nicht loslässt. Die offizielle Antwort auf ihre Anzeige lautet "verjährt", doch für Nora ist das keine Lösung. Im Radio beginnt sie, einen gefährlichen, aber effektiven Kampf gegen den Täter zu führen. Als es fast zu spät ist, trifft sie auf Simon, einen Rechtsreferendar, der einen anderen, riskanteren Weg zur Gerechtigkeit kennt.
In diesem temporeichen, emotional aufgeladenen Roman erzählt Kalisa von der Suche nach Wahrheit und Verantwortung. Die Geschichte thematisiert Mut, Freundschaft und den Glauben an die eigene Handlungsfähigkeit, selbst wenn die Regeln des Systems sie nicht unterstützen. Radio Activity ist ein politisch brisantes Werk, das Fragen nach Moral, Gerechtigkeit und den Grenzen des legalen Handelns aufwirft – und dabei eindrucksvoll die menschlichen Abgründe hinter der Suche nach Vergebung und Recht aufzeigt.
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Daniela Krien: Die Liebe im Ernstfall
Autorin: Daniela Krien, deutsche Schriftstellerin
In 'Die Liebe im Ernstfall' von Daniela Krien geht es um die facettenreichen Gefühlswelten, die uns in den Wendepunkten des Lebens formen. Der Roman erzählt vom Leben fünf unterschiedlicher Frauen – Paula, Judith, Brida, Malika und Jorinde –, deren Wege sich in Dresden und Leipzig kreuzen. Auf den ersten Blick trennen sie Welten, doch ihre Geschichten sind durch die Suche nach Liebe, Identität und Sinn tief verbunden. Krien beleuchtet, wie jede von ihnen mit ihren inneren Konflikten ringt und dabei die Wahrheit über sich selbst entdeckt.
Im Kern fragt der Roman, was Liebe bedeutet, wenn das Leben sie auf die Probe stellt. Paula kämpft mit einer zerbrechenden Ehe, Judith hat ihren eigenen Weg gewählt, Brida sucht nach künstlerischer Erfüllung, Malika hadert mit familiären Erwartungen, und Jorinde steht vor existenziellen Entscheidungen. Mit feinem Gespür verknüpft Krien ihre Schicksale und zeigt die Höhen und Tiefen zwischenmenschlicher Beziehungen – von zarter Nähe bis zu schmerzhaftem Bruch. Jede Figur trägt ihre eigene Geschichte, ihre eigenen Abgründe, die den Leser berühren.
'Die Liebe im Ernstfall' ist ein leises, kraftvolles Werk über Liebe, Verlust und den Mut, sich den eigenen Gefühlen zu stellen. Daniela Krien erzählt mit klarer, eindringlicher Sprache von der Komplexität des Lebens und hinterlässt Spuren, die nachwirken. Ein Roman, der die vielen Gesichter der Liebe erforscht und zum Nachdenken über Beziehungen und Identität anregt.
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Saša Stanišić: Herkunft
Autor: Saša Stanišić, deutsch-bosnischer Schriftsteller
In Herkunft erzählt Saša Stanišić auf beeindruckende Weise von seiner eigenen Geschichte und dem komplexen Begriff der Herkunft. Der Roman ist zugleich eine Reflexion über Identität, Erinnerung und die Bedeutung von Heimat. Stanišić, geboren in Bosnien und als Kind in die Bundesrepublik Deutschland geflüchtet, führt die Leser auf eine Reise durch seine Kindheit und Jugend, aber auch durch die Geschichte seiner Familie. Dabei kombiniert er persönliche Erlebnisse mit historischen und politischen Fragestellungen und reflektiert das Leben in einer Gesellschaft, die von Migration, kulturellen Spannungen und dem Streben nach Zugehörigkeit geprägt ist.
Der Erzählstil ist dabei einzigartig: Stanišić springt zwischen verschiedenen Perspektiven, Zeiten und Orten, ohne dabei an Klarheit zu verlieren. Er erzählt von den Höhen und Tiefen seiner Kindheit im zerfallenden Jugoslawien, von den Herausforderungen als Migrant in Deutschland und von den vielen Facetten, die das Leben zwischen zwei Kulturen mit sich bringt. Herkunft ist ein intimes Porträt, das die Frage nach der eigenen Herkunft aufgreift und die Grenzen zwischen "Heimat" und "Fremde" hinterfragt.
Doch Stanišić geht über eine rein autobiografische Erzählung hinaus. Der Roman ist auch ein scharfsinniger Kommentar zu den gesellschaftlichen und politischen Herausforderungen der Gegenwart, die von Flucht, Integration und der Suche nach Identität handeln. Herkunft ist ein vielschichtiges Werk, das die Leser mit der Frage konfrontiert, was es bedeutet, „zu Hause“ zu sein und welche Bedeutung die eigene Herkunft für das Leben und die Selbstwahrnehmung hat. Es ist ein kraftvoller Roman über das Wachsen, das Verlieren und das Finden von Zugehörigkeit in einer Welt im ständigen Wandel.
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Marco Balzano: Ich bleibe hier
Autor: Marco Balzano, italienischer Schriftsteller und Dozent
In "Ich bleibe hier" von Marco Balzano geht es um die unerschütterliche Entschlossenheit eines Menschen, in seiner Heimat zu bleiben – trotz aller Widrigkeiten. Die Geschichte spielt in den 1950er Jahren im norditalienischen Südtirol und folgt der Schullehrerin Trina, die nach dem Zweiten Weltkrieg in einem kleinen Bergdorf lebt. Als die Regierung beschließt, das Tal zu überfluten, um ein Wasserkraftwerk zu bauen, steht Trina vor einer schicksalhaften Entscheidung: Soll sie ihr Zuhause verlassen oder der Heimat treu bleiben, auch wenn dies großes persönliches Opfer bedeutet?
Der Roman verwebt Trinas Erinnerungen an ihre Vergangenheit mit ihrem entschlossenen Widerstand gegen die Zwangsumsiedlung in einer bewegenden Retrospektive. Die Erzählung ist tief in den historischen und politischen Kontext eingebettet, da sie auch die Spannungen zwischen den deutschsprachigen Südtirolern und der italienischen Regierung thematisiert. Trina wird zum Symbol für den Widerstand gegen die Zerstörung von Heimat und den Verlust von Identität. Ihre Geschichte ist die einer Frau, die mit Mut und einer starken moralischen Haltung gegen eine scheinbar übermächtige Kraft kämpft.
Balzano gelingt es, die schlichte, aber kraftvolle Erzählung in eine universelle Geschichte über Heimat, Verlust und den Widerstand gegen das Unvermeidliche zu übersetzen. "Ich bleibe hier" ist ein bewegendes Buch über die persönlichen und politischen Konsequenzen von Entscheidungen und über das starke Band zwischen Mensch und Land. Es regt zum Nachdenken darüber an, was Heimat wirklich bedeutet und was man bereit ist, dafür zu opfern. Ein Roman, der lange nachwirkt und den Leser nicht unberührt lässt.
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Charlotte McConaghy: Zugvögel
Autorin: Charlotte McConaghy, australische Schriftstellerin
In 'Zugvögel' von Charlotte McConaghy erleben die Leser eine eindrucksvolle Reise durch eine Welt, in der die Natur fast erloschen ist. Die Geschichte folgt Franny Stone, einer rastlosen Frau, die den letzten Küstenseeschwalben auf ihrer Migration von Grönland in die Antarktis folgt. An Bord eines Fischerboots begleitet sie die Vögel – eine Reise, die sie nicht nur der zerstörten Umwelt, sondern auch ihrer eigenen Vergangenheit aussetzt, geprägt von Verlust und Schuld.
McConaghy nutzt die Zugvögel als bewegendes Symbol für Freiheit und die unaufhaltsame Zerstörung der Natur. Frannys tiefe Verbindung zu den Vögeln spiegelt ihren inneren Kampf wider – eine Metapher für den Widerstand gegen den Untergang und die Frage nach menschlicher Verantwortung. Ihre Reise wird zur Suche nach Sinn inmitten von persönlichen Wunden und einer sterbenden Welt, erzählt mit einer Mischung aus Poesie und Schmerz.
'Zugvögel' ist ein kraftvolles, poetisches Buch, das Umweltzerstörung mit der Suche nach Identität und Erlösung verknüpft. Charlotte McConaghy lässt die Leser mit einer ergreifenden Erzählweise über die Zerbrechlichkeit der Natur und das menschliche Ringen um Überleben nachdenken.
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Jasmin Schreiber: Marianengraben
Autorin: Jasmin Schreiber, deutsche Biologin und Publizistin
In "Marianengraben" von Jasmin Schreiber begegnen wir Paula, einer jungen Frau, die nach einem tiefen persönlichen Verlust mit sich selbst ringt. Nachdem ihr Bruder Ben sich das Leben genommen hat, ist Paula von Trauer und Schuldgefühlen überwältigt. Der Roman begleitet sie auf einer Reise der Selbstfindung, während sie mit einem Wohnmobil durchs Land zieht, um ihre Vergangenheit zu bewältigen. Unterwegs trifft sie auf den Hund Schrödinger, der mit seiner stillen Präsenz ihre Einsamkeit durchbricht und ihr Trost spendet.
Schreiber zeichnet Paula als authentische, verletzliche Figur, die nicht nur den Verlust ihres Bruders verarbeitet, sondern auch ihre Ängste vor der Zukunft konfrontiert. Die Geschichte verknüpft universelle Themen wie Trauer, Schuld und das Bedürfnis nach Verbindung mit einem feinen Humor, der durch skurrile Begegnungen aufleuchtet. Diese Mischung aus Tiefe und Leichtigkeit verleiht dem Roman eine besondere Kraft und macht Paulas Weg greifbar.
"Marianengraben" ist ein bewegendes und hoffnungsvolles Buch über die Schattenseiten des Lebens und die Möglichkeit, selbst in tiefster Dunkelheit einen Weg zurückzufinden. Mit tragikomischem Ton und einfühlsamer Erzählweise fängt Schreiber die Komplexität von Verlust und Heilung ein.
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Iris Wolff: Die Unschärfe der Welt
Autorin: Iris Wolff, deutsche Schriftstellerin siebenbürgisch-sächsischer Abstammung
In "Die Unschärfe der Welt" entfaltet Iris Wolff die bewegte Geschichte einer Familie aus dem Banat in Rumänien, deren Schicksale sich über vier Generationen in den Wirren des 20. Jahrhunderts erstrecken. Der Roman erzählt aus den Perspektiven von sieben Figuren – darunter Florentine, Hannes und ihr Sohn Samuel –, die durch enge Bande verbunden sind, selbst über Grenzen und Zeiten hinweg. Vor dem Hintergrund des Zweiten Weltkriegs, der kommunistischen Ära und des zusammenbrechenden Ostblocks verwebt Wolff persönliche Erlebnisse mit historischen Umbrüchen und fragt, wie Identität und Heimat inmitten von Verlust und Wandel entstehen.
Mit einer poetischen und zugleich präzisen Erzählweise gelingt es Wolff, die komplexen Lebenswege ihrer Figuren greifbar zu machen. Die Landschaft des Banats wird zum Spiegel ihrer Erinnerungen – mal scharf, mal verschwommen, stets von tiefem Gefühl durchdrungen. Die ‚Unschärfe der Welt‘, so zeigt der Roman, liegt in der Unfassbarkeit von Vergangenheit und Gegenwart, die uns dennoch prägt und verbindet. Durch Perspektivwechsel entsteht ein vielschichtiges Bild von Liebe, Freundschaft und Opferbereitschaft, das die Grenzen von Sprache und Erinnerung auslotet.
"Die Unschärfe der Welt" ist ein tief berührendes Werk über Verlust, die Kraft der Verbundenheit und das Streben nach Wahrheit. Iris Wolff lädt die Leser ein, die persönlichen und kollektiven Geschichten einer Familie nachzuvollziehen, deren Leben von politischen Umwälzungen und innerer Suche gezeichnet ist.
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Susanne Abel: Stay away from Gretchen
Autorin: Susanne Abel, deutsche Schriftstellerin und Regisseurin
In "Stay Away from Gretchen" von Susanne Abel wird die bewegte Geschichte von Greta erzählt, einer Frau, deren Leben von den Schatten der deutschen Nachkriegszeit geprägt ist. Der Roman beginnt in der Gegenwart, als der Kölner Nachrichtenmoderator Tom Monderath sich um seine 84-jährige Mutter Greta kümmert, die an Demenz leidet. Durch ihre bruchstückhaften Erinnerungen taucht er in ihre Vergangenheit ein: ihre Kindheit in Ostpreußen, die Flucht vor der Roten Armee im eisigen Winter 1945 und ihre verbotene Liebe zu Bob, einem afroamerikanischen GI, im besetzten Heidelberg. Als Tom ein Foto eines dunkelhäutigen Mädchens entdeckt, stößt er auf ein Familiengeheimnis, das Gretas Leben und seine eigene Identität erschüttert.
Susanne Abel verknüpft auf meisterhafte Weise persönliche Schicksale mit der Geschichte des 20. Jahrhunderts. Der Roman beleuchtet die wenig bekannte Tragödie der ‚Brown Babies‘ – Kinder deutscher Frauen und afroamerikanischer Soldaten – und die tief verwurzelten Vorurteile der Nachkriegszeit. Mit einem einfühlsamen, klaren Stil erzählt Abel von Liebe, Verlust und der Suche nach Versöhnung, während sie die Leserinnen und Leser zwischen Gegenwart und Vergangenheit pendeln lässt.
"Stay Away from Gretchen" ist ein berührender Familienroman, der historische Wunden aufdeckt und die Kraft der Erinnerung feiert. Abel zeigt, wie eng individuelle Geschichten mit kollektiven Traumata verbunden sind, und lädt dazu ein, über Identität, Zugehörigkeit und die Last der Vergangenheit nachzudenken.
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Ayelet Gundar-Goshen: Wo der Wolf lauert
Autorin: Ayelet Gundar-Goshen, israelische Autorin
In "Wo der Wolf lauert" erzählt Ayelet Gundar-Goshen eine packende Geschichte über Schuld, Geheimnisse und die zerbrechliche Fassade des Familienlebens. Die israelische Psychologin Lilach Shuster zieht mit ihrem Mann Michael und ihrem Sohn Adam von Tel Aviv ins Silicon Valley, um ein neues Kapitel aufzuschlagen. Doch als ein Mitschüler von Adam nach einer Party stirbt, gerät die Familie in einen Strudel aus Verdächtigungen. Lilach, hin- und hergerissen zwischen mütterlichem Instinkt und nagenden Zweifeln, beginnt, die Wahrheit hinter Adams Verhalten zu suchen – eine Suche, die sie an die Grenzen ihrer eigenen Moral führt.
Gundar-Goshen entfaltet einen psychologischen Thriller, der unter die Oberfläche des amerikanischen Vorstadtidylls blickt. Mit scharfem Blick zeigt sie, wie Angst und Misstrauen die Beziehungen zwischen Eltern und Kindern, aber auch innerhalb der jüdischen Gemeinschaft, zersetzen. Lilachs innere Zerrissenheit – schützt sie ihren Sohn oder deckt sie ein Verbrechen? – wird zur treibenden Kraft der Handlung. Die Autorin verwebt dabei die Spannung eines Krimis mit einer tiefgründigen Reflexion über Erziehung, Identität und die Last von Erwartungen.
"Wo der Wolf lauert" ist ein fesselndes Drama über die Abgründe, die sich hinter scheinbar perfekten Fassaden verbergen. Gundar-Goshen erzählt mit einer präzisen, bildhaften Sprache, die die Lesenden mitten ins emotionale Chaos der Figuren zieht. Ein Roman, der nicht nur mitreißt, sondern auch zum Nachdenken über Schuld und Verantwortung anregt – und darüber, wie gut wir die Menschen wirklich kennen, die uns am nächsten stehen.
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Daniela Krien: Der Brand
Autorin: Daniela Krien, deutsche Schriftstellerin
In "Der Brand" erzählt Daniela Krien eine eindringliche Geschichte über die Brüche im Leben und die Suche nach Heilung. Rahel und Peter, ein Ehepaar aus Leipzig, stehen nach Jahrzehnten der Zweisamkeit vor einer Krise: Peters Burnout und Rahels Erschöpfung haben sie entfremdet. Als ein geplanter Urlaub platzt, landen sie stattdessen auf einem abgelegenen Hof in der Uckermark, wo sie sich um Tiere und Haus kümmern sollen. Was als Zwangspause beginnt, wird zur Zerreißprobe – die Stille des Landlebens zwingt sie, sich den Rissen in ihrer Beziehung und den Schatten ihrer Vergangenheit zu stellen.
Krien zeichnet mit feinem Gespür die innere Zerrissenheit ihrer Figuren. Rahel, eine Psychologin, die anderen hilft, aber selbst keine Antworten findet, und Peter, ein Literaturprofessor, der im Schweigen versinkt, kämpfen mit unausgesprochenen Vorwürfen und alten Wunden. Der Hof wird zum Spiegel ihrer Ehe: die Arbeit mit den Tieren, der Rhythmus der Natur und die Begegnung mit einer jungen Familie zwingen sie zur Auseinandersetzung. Die Autorin verknüpft dabei die Intimität des Persönlichen mit der Weite der Landschaft zu einer Erzählung über Verlust, Nähe und die Möglichkeit eines Neuanfangs.
"Der Brand" ist ein leiser, kraftvoller Roman über die Zerbrechlichkeit von Beziehungen und die Hoffnung auf Versöhnung. Daniela Krien erzählt mit klarer, poetischer Sprache von den inneren Bränden, die uns verzehren, und den Wegen, sie zu löschen. Ein Werk, das die Lesenden mitnimmt in die Tiefen menschlicher Emotionen und zum Nachdenken über Liebe und Resilienz anregt.
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Benedict Wells: Hard Land
Autor: Benedict Wells, deutsch-schweizerischer Schriftsteller
In "Hard Land" erzählt Benedict Wells eine mitreißende Coming-of-Age-Geschichte, die im Sommer 1985 im amerikanischen Missouri spielt. Der fünfzehnjährige Sam Turner, ein schüchterner Außenseiter, steht vor einem Wendepunkt: Nach dem Tod seiner Mutter nimmt er einen Ferienjob im alten Kino seiner Kleinstadt an. Dort trifft er auf eine bunte Clique – die selbstbewusste Kirstie, den charismatischen Cameron und die geheimnisvolle Hightower. Was als Flucht aus seinem tristen Alltag beginnt, wird zur Reise ins Erwachsenwerden, geprägt von Freundschaft, erster Liebe und dem bittersüßen Geschmack der Vergänglichkeit.
Wells entfaltet mit feinem Gespür die Magie eines Sommers, in dem alles möglich scheint. Sam findet in der Gruppe Halt und entdeckt Seiten an sich, die er nie kannte – doch unter der Leichtigkeit lauern auch Schmerz und Abschied. Die 80er-Jahre-Atmosphäre mit Mixtapes, Drive-ins und einer Sehnsucht nach Freiheit durchzieht die Erzählung und macht sie zu einem nostalgischen Porträt der Jugend. Der Roman lebt von seinen lebendigen Figuren und der Spannung zwischen Unbeschwertheit und der drohenden Realität, die Sam einholt.
"Hard Land" ist ein berührendes Buch über das Aufblühen und Verblassen der Jugend, das die Lesenden mitten ins Herz trifft. Benedict Wells erzählt mit Wärme und Präzision von Freundschaft, Verlust und dem Mut, sich der Welt zu öffnen. Ein Roman, der die zerbrechliche Schönheit des Lebens sehr gut einfängt.
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Fatma Aydemir: Dschinns
Autorin: Fatma Aydemir, deutsche Journalistin und Schriftstellerin
In "Dschinns" erzählt Fatma Aydemir die eindringliche Geschichte einer türkischen Familie, die zwischen Deutschland und der Türkei zerrissen ist. Der Roman beginnt mit dem plötzlichen Tod von Hüseyin, einem Gastarbeiter, der kurz vor seiner Rente stirbt. Seine Frau Emine und ihre vier erwachsenen Kinder – Sevda, Peri, Ümit und Yılmaz – reisen nach Istanbul, um ihn zu beerdigen. Doch die Reise wird zur Konfrontation mit alten Wunden: Hüseyins Traum von einem Haus in der Türkei, das er nie bewohnte, enthüllt die Brüche in der Familie. Jede Figur kämpft mit ihrer eigenen Identität, geprägt von Migration, Erwartungen und ungesagten Konflikten.
Aydemir erzählt aus den Perspektiven der sechs Familienmitglieder und zeigt mit scharfem Blick die Spannungen zwischen den Generationen. Sevda rebelliert gegen patriarchale Zwänge, Peri sucht ihren Platz als queere Frau, Ümit flüchtet in Drogen, und Yılmaz versteckt seine Verletzlichkeit hinter Härte. Die Beerdigung wird zum Brennglas für ihre Entfremdung – und für die „Dschinns“, die inneren Dämonen, die sie treiben. Die Autorin verwebt persönliche Dramen mit den Nachwirkungen von Migration und entwirft ein vielschichtiges Bild einer Familie im Wandel.
"Dschinns" ist ein kraftvoller Roman über Herkunft, Verlust und die Suche nach Zugehörigkeit. Fatma Aydemir erzählt mit roher Ehrlichkeit und poetischer Wucht, die die Lesenden tief berührt. Ein Werk, das die Komplexität von Identität einfängt und dazu anregt, über die unsichtbaren Fäden nachzudenken, die uns binden und trennen.
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Daniela Dröscher: Lügen über meine Mutter
Autorin: Daniela Dröscher, deutsche Schriftstellerin
In "Lügen über meine Mutter" erzählt Daniela Dröscher eine schonungslos ehrliche Geschichte über eine Kindheit im Schatten familiärer Konflikte. Die Ich-Erzählerin, ein Mädchen aus den 1980er-Jahren in einer westdeutschen Kleinstadt, wächst mit ihrer Mutter, ihrem Vater und der ständigen Präsenz von Gewalt und Scham auf. Der Vater, ein autoritärer Mann, definiert die Familie über die vermeintliche Schande des „dicken Körpers“ der Mutter. Die Erzählung kreist um die Lügen, die erzählt werden, um diesen Makel zu kaschieren – und um die Auswirkungen dieser Lügen auf das heranwachsende Kind, das zwischen Liebe und Abwehr gefangen ist.
Dröscher schildert mit scharfem Blick die Dynamiken einer dysfunktionalen Familie und die gesellschaftlichen Zwänge der Zeit. Die Mutter wird zur Zielscheibe patriarchaler Kontrolle, während die Tochter versucht, die Brüche in ihrer Welt zu verstehen. Der Roman verbindet autobiografische Elemente mit einer universellen Reflexion über Scham, Körperbilder und die Macht von Worten. Durch den Wechsel zwischen kindlicher Naivität und erwachsener Analyse entsteht eine Erzählung, die zugleich intim und gesellschaftskritisch ist.
"Lügen über meine Mutter" ist ein bewegendes Werk über die Last familiärer Erwartungen und die Suche nach Selbstbestimmung. Daniela Dröscher erzählt mit präziser, poetischer Sprache, die unter die Haut geht, und lädt die Lesenden ein, über die unsichtbaren Wunden nachzudenken, die Worte hinterlassen. Ein Roman, der schmerzt, berührt und im Gedächtnis bleibt.
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Martin Kordić: Jahre mit Martha
Autor: Martin Kordić, deutscher Schriftsteller
In "Jahre mit Martha" erzählt Martin Kordić eine eindringliche Geschichte über die erste Liebe und ihre zwiespältigen Folgen. Der fünfzehnjährige Željko, genannt Jimmy, Sohn kroatischer Gastarbeiter in Ludwigshafen, lebt zwischen Armut und dem Wunsch nach Bildung, bis er Martha trifft. Sie, eine ältere Professorin aus Heidelberg, öffnet ihm die Welt der Literatur und Kultur – eine Welt, die er durch die Arbeit seiner Mutter als Putzfrau bei ihr kennenlernt. Doch die Faszination wird zur Beziehung, die Željko in ein Geflecht aus Zuneigung, Abhängigkeit und Machtverhältnissen zieht, das ihn prägt und verändert.
Mit sensibler Präzision schildert Kordić die innere Zerrissenheit eines Jugendlichen, der zwischen Bewunderung für Martha und der Suche nach sich selbst schwankt. Ihre Verbindung ist intensiv, aber belastet durch Marthas subtile Kontrolle und Željkos Verletzlichkeit. Der Roman zeigt auch die Spannungen seiner Herkunft: die Enge der Zweizimmerwohnung, die Erwartungen der Familie und das Gefühl, in Deutschland fremd zu sein. Kordićs Sprache ist klar, durchzogen von einer leisen Melancholie, die die Zerbrechlichkeit dieser Jahre einfängt.
"Jahre mit Martha" ist ein bewegendes Werk über Sehnsucht, Identität und die Schatten der Nähe. Martin Kordić erzählt von einem Jungen, der im Strudel der Gefühle erwachsen wird, und regt an, über Liebe und ihre Grenzen nachzudenken.
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Jan Weiler: Der Markisenmann
Autor: Jan Weiler, deutscher Journalist und Schriftsteller
In "Der Markisenmann" erzählt Jan Weiler eine tragikomische Geschichte über eine Kindheit in den 1980er-Jahren, die von familiären Geheimnissen überschattet wird. Der zwölfjährige Erzähler, ein Junge aus einer westdeutschen Kleinstadt, lebt mit seiner Schwester und den Eltern ein scheinbar normales Leben – bis ein mysteriöser Markisenmann auftaucht, der Markisen verkauft und die Fassade der Familie ins Wanken bringt. Der Vater, ein eigenwilliger Mann voller Widersprüche, gerät unter Verdacht, eine Affäre zu haben, und die Mutter kämpft mit der Last eines unausgesprochenen Kummers. Was als Alltag beginnt, wird zur Reise in die Abgründe der Erwachsenenwelt.
Weiler fängt mit scharfem Humor und feiner Melancholie die Atmosphäre der 80er ein – von Bravo-Heften bis zu verrauchten Kneipen. Der Markisenmann wird zum Katalysator für die Spannungen, die unter der Oberfläche brodeln, und zwingt den Jungen, seine Eltern mit neuen Augen zu sehen. Der Roman lebt von der kindlichen Perspektive, die zwischen Naivität und schmerzhafter Erkenntnis schwankt, und zeigt, wie Geheimnisse eine Familie prägen. Weiler verwebt dabei Leichtigkeit mit Tiefgang und zeichnet ein liebevolles Bild einer vergangenen Zeit.
"Der Markisenmann" ist ein berührendes Buch über das Erwachsen und die Brüchigkeit familiärer Harmonie. Jan Weiler erzählt mit Witz und Wärme von den Unsicherheiten der Jugend und den Lügen, die wir uns selbst erzählen. Ein Roman, der die Lesenden zum Lachen bringt und zum Nachdenken über Familie und Wahrheit anregt.
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Elena Fischer: Paradise Garden
Autorin: Elena Fischer, deutsche Schriftstellerin
In "Paradise Garden" erzählt Elena Fischer eine berührende Coming-of-Age-Geschichte über die vierzehnjährige Billie, die in einer tristen Hochhaussiedlung lebt. Mit ihrer Mutter Marika, einer ungarischen Roma-Frau, macht sie aus wenig viel: Fantasie verwandelt den Alltag in kleine Abenteuer, sei es ein Eisbecher namens „Paradise Garden“ oder ein imaginärer Urlaub auf dem Balkon. Doch als Marika plötzlich stirbt, bricht Billies Welt zusammen. Allein mit ihrer Trauer und einer unerwünschten Großmutter aus Ungarn, beschließt sie, den Nissan ihrer Mutter zu nehmen und ihren unbekannten Vater zu suchen – eine Reise, die sie vom Stadtrand an die Nordsee führt.
Fischer schildert mit feinem Gespür Billies emotionale Achterbahn zwischen Verlust und Hoffnung. Die Road-Novel lebt von der kindlichen Stimme, die trotz Schmerz lebendig bleibt, und von der Wärme der Figuren, die Billie unterwegs trifft. Der Roman verbindet die Härte sozialer Realität mit einer zarten Poesie, die das Leben in all seiner Zerbrechlichkeit zeigt. Billies Suche wird zur Reise zu sich selbst, geprägt von Fragen nach Herkunft und Zugehörigkeit, die sie mit Mut und Witz angeht.
"Paradise Garden" ist ein Debüt, das tief berührt und zugleich tröstet. Elena Fischer erzählt mit klarer, einfühlsamer Sprache von Resilienz und der Kraft der Fantasie. Ein Roman, der die Lesenden mitnimmt und zum Nachdenken über das Glück in kleinen Dingen anregt.
Nominiert für den Deutschen Buchpreis 2023.
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Milena Michiko Flašar: Oben Erde, unten Himmel
Autorin: Milena Michiko Flašar, japanisch-österreichische Schriftstellerin
In "Oben Erde, unten Himmel" erzählt Milena Michiko Flašar eine stille, tiefgründige Geschichte über Einsamkeit und unerwartete Verbindungen. Die junge Suzu arbeitet in Tokio bei einer Reinigungsfirma, die Wohnungen Verstorbener ausräumt – ein Job, der sie mit den Spuren fremder Leben konfrontiert. Nach dem Tod ihrer Mutter und der Trennung von ihrem Freund lebt sie zurückgezogen, bis sie auf Kōhei stößt, einen Kollegen, der ebenso verloren wirkt. Aus einer schweigsamen Begegnung wächst eine zarte Freundschaft, die beide aus ihrer Isolation holt und sie mit der Vergangenheit versöhnt.
Flašar entfaltet mit feiner Sensibilität die innere Welt ihrer Figuren. Suzu, geplagt von Schuldgefühlen, und Kōhei, der seine eigene Trauer verbirgt, finden in der Arbeit mit den Hinterlassenschaften Trost und Sinn. Der Roman verwebt die Melancholie des Abschieds mit einer leisen Hoffnung, während die Großstadt Tokio als Kulisse die Anonymität und Kälte des modernen Lebens spiegelt. Flašars Sprache ist klar und poetisch, voller Bilder, die das Unsichtbare greifbar machen – vom Staub einer Wohnung bis zu den Wunden der Seele.
"Oben Erde, unten Himmel" ist ein bewegendes Buch über Verlust, Heilung und die Kraft menschlicher Nähe. Milena Michiko Flašar erzählt mit Zurückhaltung und Tiefe von zwei Menschen, die im Schatten des Todes das Leben neu entdecken. Ein Werk, das die Lesenden berührt und zum Nachdenken über Vergänglichkeit anregt.
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Rónán Hession: Leonard und Paul
Autor: Rónán Hession, irischer Blues-Gitarrist, Schriftsteller und Literaturkritiker
In "Leonard und Paul" erzählt Rónán Hession eine herzerwärmende Geschichte über Freundschaft und die Schönheit des Alltags. Leonard, ein schüchterner Mann, der Kinderbücher über Briefmarken schreibt, und Paul, ein lebensfroher Single mit einem Faible für Schach und schlechte Witze, sind seit Jahrzehnten beste Freunde. Als Leonard sich in eine Kollegin verliebt und Paul mit seiner chaotischen Familie ringt, gerät ihr ruhiges Leben in Bewegung. Hession zeigt, wie kleine Schritte aus der Komfortzone – ein Date, ein Streit, ein Geständnis – die beiden Männer verändern, ohne ihre tiefe Verbundenheit zu brechen.
Mit sanftem Humor und feinem Gespür zeichnet Hession ein Porträt zweier Außenseiter, die im Gewöhnlichen das Außergewöhnliche finden. Der Roman lebt von den liebevollen Details: Leonard sammelt Wissen über Postgeschichte, Paul übt sich in Geduld mit seinen exzentrischen Schwestern. Ihre Freundschaft wird zur Bühne für eine leise Reflexion über Nähe, Verletzlichkeit und die Kunst, das Leben anzunehmen. Die Erzählung ist unaufgeregt, aber voller Wärme, und lädt dazu ein, die kleinen Siege des Daseins zu feiern.
"Leonard und Paul" ist ein zartes, humorvolles Buch über die Kraft von Beziehungen und die Magie des Unscheinbaren. Rónán Hession erzählt mit einer klaren, einladenden Sprache, die die Lesenden umarmt und zum Schmunzeln bringt. Ein Werk, das die Schönheit der Menschlichkeit einfängt.
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Jarka Kubsova: Marschlande
Autorin: Jarka Kubsova, deutsche Schriftstellerin
In "Marschlande" verknüpft Jarka Kubsova die Schicksale zweier Frauen, die Jahrhunderte trennen, aber ein gemeinsames Streben nach Selbstbestimmung teilen. Um 1580 lebt Abelke Bleken im Hamburger Marschland, eine unabhängige Bäuerin, die allein einen Hof führt. In einer von Männern dominierten Zeit wird ihr Erfolg zum Fluch: Neid und Misstrauen treiben sie in einen Hexenprozess, der ihr Leben zerstört. Fast 500 Jahre später zieht Britta Stoever mit ihrer Familie in dieselbe raue Landschaft. Als Geografin hat sie ihre Karriere für Mann und Kinder aufgegeben und fühlt sich fremd – bis sie auf Spaziergängen Abelkes Geschichte entdeckt und darin ihre eigene Unzufriedenheit gespiegelt sieht.
Kubsova erzählt mit packender Intensität von Abelkes Kampf gegen Ungerechtigkeit und Brittas Suche nach Sinn. Die Marschlande, mit ihren Deichen und Bracks, werden zur Bühne für beide Leben – ein Land, das prägt und fordert. Abelkes Sturheit trifft auf Brittas wachsende Erkenntnis über die Last von Carearbeit und gesellschaftlichen Zwängen. Der Roman verwebt historische Fakten mit einer modernen Emanzipationsgeschichte und zeigt, wie wenig sich für Frauen grundlegend geändert hat. Die Sprache ist dicht und bildhaft, voller Respekt für die Stärke ihrer Figuren.
"Marschlande" ist ein bewegendes Werk über Widerstand und Selbstfindung, das lange nachhallt. Jarka Kubsova gibt Abelke eine Stimme und Britta einen Weg, sich aus der Stille zu befreien. Ein Roman, der die Lesenden mitnimmt und zum Nachdenken über Patriarchat und persönliche Freiheit anregt.
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Daniela Krien: Mein drittes Leben
Autorin: Daniela Krien, deutsche Schriftstellerin
In "Mein drittes Leben" erzählt Daniela Krien die Geschichte von Linda, einer Frau, deren Leben durch den plötzlichen Unfalltod ihrer siebzehnjährigen Tochter Sonja zerbricht. Einst führte sie ein erfülltes Leben als Kunstmaklerin in Leipzig, glücklich verheiratet mit dem Maler Richard. Doch nach Sonjas Tod zieht sich Linda aus allem zurück – von ihrem Mann, ihren Freunden, ihrem Beruf – und flieht in ein abgelegenes Dorf in Ostdeutschland. Dort mietet sie einen alten Hof, umgeben von Hühnern und der Hündin Kaja, und versinkt in einer lähmenden Trauer, die sie von der Welt abschottet. Ihr Alltag wird zur bloßen Abfolge von Stunden, geprägt von Schuldgefühlen und dem Wunsch, nicht mehr zu existieren.
Krien schildert Lindas langsamen Weg durch die Dunkelheit mit großer Sensibilität. Während Richard in Leipzig weiterlebt und schließlich eine neue Beziehung eingeht, kämpft Linda allein mit ihrer Verzweiflung. Doch allmählich dringen kleine Lichtblicke in ihr Dasein: die Natur, die Tiere, eine Nachbarin mit ihrer Tochter Nine. Diese Begegnungen zwingen sie, ihre Isolation zu hinterfragen, und zeigen, dass Leid universell ist. Der Roman zeichnet die Phasen der Trauer nach – von Lähmung bis zu ersten Schritten der Heilung – und verknüpft Lindas Schicksal mit Spuren deutscher Geschichte, etwa der Wendezeit, die das Dorf prägt.
"Mein drittes Leben" ist ein leises, kraftvolles Werk über Verlust und Resilienz. Linda entdeckt in der Stille des Landlebens eine neue Stärke und tastet sich zurück ins Leben, auch wenn ihre Ehe daran zerbricht. Krien erzählt mit klarer, poetischer Sprache von der Möglichkeit, nach dem Abgrund wieder Halt zu finden. Ein Roman, der die Lesenden tief berührt und Hoffnung schenkt.
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Petra Pellini: Der Bademeister ohne Himmel
Autorin: Petra Pellini, österreichische Schriftstellerin
In "Der Bademeister ohne Himmel" erzählt Petra Pellini eine berührende Geschichte über eine ungewöhnliche Freundschaft, die im Jahr 2023 beginnt. Die fünfzehnjährige Linda, die mit ihrer Mutter in einem trostlosen Mehrfamilienhaus lebt, kämpft mit den Narben eines gewalttätigen Vaters und dunklen Gedanken. Dreimal wöchentlich besucht sie Hubert, einen sechsundachtzigjährigen, dementen ehemaligen Bademeister, um seine Pflegerin Ewa zu entlasten. Mit Witz und Fantasie weckt sie seine Erinnerungen an die Schwimmbadzeit und seine verstorbene Frau Rosalie – ein Ritual, das beiden mehr gibt, als sie erwarten: Linda findet Halt, Hubert Momente der Klarheit.
Pellini, selbst erfahren in der Demenzpflege, zeichnet die Beziehung zwischen Linda und Hubert mit feinem Humor und tiefer Wärme. Linda, unterstützt von ihrem Freund Kevin, bringt Leben in Huberts verblasste Welt, während er ihr zeigt, dass selbst im Verfall Würde bleibt. Der Roman schimmert zwischen Heiterkeit und Melancholie: die Gespräche über Chlorgeruch und Liebeslieder der 50er kontrastieren mit Lindas innerem Kampf und Huberts schwindendem Gedächtnis. Die Figuren wachsen aneinander, getragen von einer Sprache, die Leichtigkeit und Schmerz vereint.
"Der Bademeister ohne Himmel" ist ein zartes Werk über Zusammenhalt und die Kraft kleiner Gesten. Petra Pellini erzählt von Verlust, Hoffnung und Überleben mit einem Ton, der die Lesenden schmunzeln lässt und zugleich bewegt.
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Laura Spence-Ash: Und dahinter das Meer
Autorin: Laura Spence-Ash, US-amerikanische Schriftstellerin
In "Und dahinter das Meer" erzählt Laura Spence-Ash eine bewegende Geschichte über Heimat und Zerrissenheit, die 1940 in London beginnt. Die elfjährige Beatrix, genannt Bea, wird von ihren Eltern während des Zweiten Weltkriegs in die USA geschickt, um sie vor den Bombenangriffen zu schützen. In Boston nimmt die Familie Gregory sie auf – ein warmherziges Paar mit zwei Söhnen, William und Gerald. Was für Bea als schmerzhafter Abschied beginnt, wird zu einer zweiten Kindheit: Sie liebt die Sommer auf der Insel in Maine und wächst den Gregorys ans Herz. Doch nach fünf Jahren zwingt das Kriegsende sie zurück nach England, gerade als ihre Gefühle für William tiefer werden.
Spence-Ash spannt die Erzählung über Jahrzehnte und zeigt, wie Bea zwischen zwei Welten hängt. In London fühlt sie sich fremd, von ihrer Mutter Millie unverstanden, während ihr Herz bei den Gregorys bleibt. Der Roman wechselt zwischen den Perspektiven der Figuren und zeichnet ihre Sehnsüchte und Verluste mit feiner Sensibilität. Die Autorin fängt die Melancholie der Entwurzelung ein, aber auch die Wärme familiärer Bande – echt oder erworben. Beas Zerrissenheit spiegelt die Frage, wo Heimat wirklich liegt, und macht die Geschichte universell.
"Und dahinter das Meer" ist ein leiser, tief berührender Debütroman über Liebe, Abschied und Identität. Laura Spence-Ash erzählt mit poetischer Klarheit von einer Frau, die zwischen Kontinenten und Familien ein Zuhause sucht.
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Caroline Wahl: Windstärke 17
Autorin: Caroline Wahl, deutsche Schriftstellerin
In "Windstärke 17" erzählt Caroline Wahl die bewegende Geschichte von Ida, die nach dem Selbstmord ihrer Mutter mit einem Koffer und einem Klumpen aus Wut, Trauer und Schuld ihre Kleinstadt verlässt. Ohne Plan steigt sie in den Zug, der sie am weitesten wegbringt – nur nicht zu ihrer Schwester Tilda in Hamburg – und landet auf Rügen. Dort trifft sie auf Knut, einen Kneipenwirt, und seine Frau Marianne, die sie bei sich aufnehmen. Was als Flucht beginnt, wird zu einer unerwarteten Zuflucht: Ida jobbt in der Kneipe, spielt SkipBo mit Marianne und ringt mit der rauen Ostsee – ein Spiegel für den Sturm in ihrem Inneren. Doch inmitten dieser neuen Geborgenheit lernt sie auch Leif kennen, einen ebenso verletzten jungen Mann.
Wahl erzählt mit lakonischer Direktheit von Idas Kampf, sich aus dem emotionalen Chaos zu befreien. Die Beziehung zu Leif ist keine einfache Sommerromanze, sondern ein zarter Versuch, sich gegenseitig zu heilen. Rügen wird zum Schauplatz einer Reise, die zwischen Rückzug und Neuanfang schwankt – die Natur ist wild, die Dialoge messerscharf. Als Marianne schwer krank wird, bricht der Schmerz erneut über Ida herein, doch diesmal könnte sie bleiben und sich stellen.
Wahl fängt die Zerrissenheit einer jungen Frau ein, die lernen muss, Abschied zu nehmen und sich selbst zu verzeihen. "Windstärke 17" ist ein mitreißender Roman über Trauer und Trotz, der mit seiner Tiefe berührt.
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Aktuelle Buchtipps 2025 renommierter Buchhandlungen
Sie suchen nach den besten neuen Büchern des Jahres? In dieser Liste finden Sie aktuelle Buchempfehlungen 2025 von unabhängigen und renommierten Buchhandlungen – darunter auch Preisträger des "Deutschen Buchhandlungspreises". Die hier vorgestellten Neuerscheinungen wurden von Buchhändlern mit großer Sorgfalt ausgewählt und zählen schon jetzt zu den meistempfohlenen Titeln des Jahres.
Wolf Haas: Wackelkontakt
Autor: Wolf Haas, österreichischer Schriftsteller
Wolf Haas’ neuester Roman "Wackelkontakt" ist ein literarisches Meisterwerk, das die Leser mit einer ungewöhnlichen Erzählstruktur in seinen Bann zieht. Die Handlung verknüpft zwei scheinbar disparate Leben: Franz Escher, ein Trauerredner, wartet auf einen Elektriker, um einen defekten Wackelkontakt zu reparieren, und liest dabei ein Buch über den Mafia-Kronzeugen Elio Russo. Dieser sitzt im Gefängnis, wartet auf seine Entlassung und vertreibt sich die Zeit mit einem Buch über Franz Escher. Haas verwebt diese beiden Ebenen mit einem raffinierten Spiel aus Perspektiven, das die Grenzen zwischen Realität und Fiktion verschwimmen lässt – ein Erzählkniff, der den Leser immer wieder überrascht und zum Nachdenken anregt.
Der Roman glänzt nicht nur durch seine Struktur, sondern auch durch Haas’ unverkennbaren Stil: schwarzer Humor, pointierte Dialoge und eine Sprache, die vor Wiener Schmäh und lakonischer Eleganz nur so strotzt. Die Figuren sind skurril, aber glaubwürdig – vom melancholischen Franz, der mit seiner Steckdose hadert, bis zum abgebrühten Elio, dessen Mafia-Vergangenheit in düsteren Farben gemalt wird. Jede Seite sprüht vor Witz und Tiefe, während die Spannung bis zum Schluss nicht nachlässt.
"Wackelkontakt" ist ein Buch für alle, die intelligente Unterhaltung lieben und sich von einem unkonventionellen Plot verführen lassen wollen. Es wurde 2025 für den Preis der Leipziger Buchmesse nominiert und zeigt, warum Wolf Haas zu den besten zeitgenössischen Autoren zählt. Wer seine Brenner-Krimis schätzt, wird hier eine neue Facette seines Könnens entdecken – ein Erzählfeuerwerk, das man nicht verpassen sollte!
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Yasmina Reza: Die Rückseite des Lebens
Autorin: Yasmina Reza, französische Schriftstellerin
Yasmina Reza nimmt uns in ihrem 2025 erschienenen Erzählband "Die Rückseite des Lebens" mit auf eine Reise durch die Abgründe und Brüche menschlicher Existenzen. Bekannt für ihre scharfsinnigen Theaterstücke wie "Der Gott des Gemetzels", zeigt sie sich hier als meisterhafte Beobachterin realer Dramen: Sie hat Strafprozesse besucht und schildert Fälle, die von erschütternder Brutalität – ein Mann tötet eine vierköpfige Familie – bis zur absurden Tragikomik – eine Frau schreibt ihrem Vergewaltiger Liebesbriefe – reichen. Doch Reza urteilt nicht; sie zoomt auf die Momente, in denen Normalität kippt, und fängt sie mit nüchterner Präzision ein, die unter die Haut geht.
Zwischen diesen Gerichtsreportagen webt Reza persönliche Fragmente ein: Erinnerungen an Freunde, Begegnungen mit Künstlern wie Imre Kertész oder Gedanken übers Altern. Diese Miniaturen sind wie Lichtblicke inmitten der Düsternis – oft melancholisch, manchmal heiter, immer von einer bitteren Komik durchzogen. Ihr Stil bleibt lakonisch, fast poetisch verdichtet, und zeigt, wie nah Tragik und Alltag beieinanderliegen. Es ist diese Mischung aus distanzierter Beobachtung und intimer Reflexion, die den Band so besonders macht.
"Die Rückseite des Lebens" ist ein Buch für Leser, die das Menschliche in all seinen Facetten suchen – roh, verletzlich, absurd. Reza beweist erneut ihre Fähigkeit, mit wenigen Worten ganze Welten zu erschaffen. Wer literarische Dichte und eine ungeschönte Sicht auf die condition humaine schätzt, wird hier fündig. Ein kleines, aber intensives Werk!
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Sophie Hunger: Walzer für Niemand
Autorin: Sophie Hunger, Schweizer Sängerin, Musikerin, Songwriterin und Filmkomponistin
Mit "Walzer für Niemand" legt die Schweizer Musikerin Sophie Hunger 2025 ein beeindruckendes literarisches Debüt vor. Der Coming-of-Age-Roman erzählt von einer innigen, doch fragilen Freundschaft zwischen einem Mädchen und ihrem besten Freund, genannt "Niemand". Als Kinder von Militärattachés ziehen sie ständig um, finden aber Halt in der Musik: Sie tauchen in Plattensammlungen ein, benennen die Welt nach Bands und schreiben erste eigene Songs. Hunger fängt diese Zeit mit einer Sprache ein, die so poetisch wie ihre Lieder ist – zart, abgründig und voller Klang –, und macht die transformative Kraft der Kunst spürbar.
Die Geschichte nimmt eine dunkle Wendung, als die Wege der beiden auseinanderdriften. Während die Erzählerin ihre Leidenschaft für Musik vertieft, verfällt Niemand einer exzentrischen Besessenheit für die Volkskunde der Walserinnen, ein Pfad, der auf eine Katastrophe zusteuert. Dieser Kontrast zwischen Schöpfung und Zerstörung verleiht dem Roman eine tragikomische Tiefe. Hunger erzählt nicht nur vom Erwachsen, sondern auch vom Verlust – von Unschuld, Nähe und Identität –, und schafft dabei Figuren, die einem lange im Gedächtnis bleiben.
"Walzer für Niemand" ist ein kleines Juwel für Leser, die Musik und Literatur gleichermaßen lieben. Sophie Hunger überträgt ihre Songwriter-Qualitäten meisterhaft in die Prosa und schafft ein Werk voller emotionaler Resonanz. Wer sich auf diese melancholische, doch hoffnungsvolle Reise einlässt, wird mit einem Roman belohnt, der nachhallt wie ein guter Song – intensiv und unvergesslich.
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Julia Schoch: Wild nach einem wilden Traum
Autorin: Julia Schoch, deutsche Schriftstellerin und Übersetzerin
Julia Schoch schließt mit "Wild nach einem wilden Traum" ihre Trilogie "Biographie einer Frau" auf meisterhafte Weise ab. Der Roman erzählt von einer Frau, die während eines Stipendiums in den USA eine leidenschaftliche Affäre mit einem katalanischen Schriftsteller erlebt. Diese Begegnung wird zum Wendepunkt: Sie stellt Ehe, Identität und Lebensentwurf infrage und entscheidet sich, als Schriftstellerin kompromisslos sie selbst zu sein. Doch Schoch zeigt mit feiner Klinge, wie hoch der Preis dafür ist – kann man sich finden, ohne andere, wie Ehemann oder Kinder, zu verlieren? Jahre später trifft sie den Katalanen wieder, und Vergangenheit und Gegenwart verschmelzen eindrucksvoll.
Die Erzählung wird durch Rückblenden bereichert: Kindheitserinnerungen an eine Garnisonsstadt am Stettiner Haff, wo ein Soldat den Traum der Protagonistin, Schriftstellerin zu werden, nährt. Schochs autofiktionaler Ansatz verleiht dem Roman eine intime, authentische Note. Ihre Sprache ist klar, elegant und von einer klugen Melancholie durchzogen, die die Themen Liebe, Freiheit und Selbstverwirklichung mit großer Tiefe auslotet. Es ist ein Buch über Mut, Verlust und die Suche nach dem eigenen Platz in der Welt.
"Wild nach einem wilden Traum" ist ein Geschenk für Leser, die literarische Reflexion und emotionale Dichte schätzen. Julia Schoch beweist erneut, warum sie zu den bedeutendsten deutschen Autorinnen zählt.
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Chimamanda Ngozi Adichie: Dream Count
Autorin: Chimamanda Ngozi Adichie, nigerianische Schriftstellerin und Aktivistin
Chimamanda Ngozi Adichie meldet sich mit "Dream Count" eindrucksvoll zurück – ihr erster Roman seit Americanah. Die Geschichte verknüpft das Leben vierer Frauen mit nigerianischen Wurzeln: Chiamaka, eine Reiseschriftstellerin in den USA, reflektiert während der Pandemie über vergangene Lieben; Zikora, eine Anwältin, zieht nach einer Trennung allein ein Kind groß; Omelogor, Chiamakas Cousine, eine Finanzexpertin in Nigeria, sucht ihre Identität; und Kadiatou, Chiamakas Haushälterin, kämpft nach einem Trauma um Würde. Adichie verwebt ihre Schicksale über Kontinente hinweg und schafft ein bewegendes Panorama weiblicher Erfahrungen.
Mit kraftvoller, poetischer Sprache lotet Adichie Themen wie Liebe, Mutterschaft und Selbstbestimmung aus. Sie schildert körperliche und emotionale Realitäten – von Geburtsschmerzen bis zur Einsamkeit nach Verlust – mit einer Ehrlichkeit, die berührt. Gleichzeitig kritisiert sie scharfsinnig gesellschaftliche Zwänge und zeigt, wie diese Frauen in einer globalisierten Welt nach Glück streben. Jede Figur ist vielschichtig, ihre Geschichten sind von Empathie und feinem Humor durchzogen, was den Roman zu einem intimen und universellen Erlebnis macht.
"Dream Count" ist ein Muss für alle, die tiefgründige Literatur mit gesellschaftlicher Relevanz lieben. Als New York Times-Bestseller gefeiert, beweist Adichie erneut ihr Talent, komplexe Themen zugänglich und bewegend zu machen.
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Kathrin Weßling: Sonnenhang
Autorin: Kathrin Weßling, deutsche Schriftstellerin und Journalistin
Kathrin Weßlings "Sonnenhang" ist ein berührender Roman über Neuanfänge und unerwartetes Glück. Die Protagonistin Katharina, Ende dreißig, steht vor einer Lebenskrise: Eine Diagnose raubt ihr die Möglichkeit, Kinder zu bekommen, während ihre Freundinnen Familien gründen und Instagram perfekte Fassaden zeigt. Ihr Alltag in Berlin – Arbeit, Trash-TV, Kneipennächte – fühlt sich leer an. Auf der Suche nach Sinn beginnt sie ehrenamtlich in der Seniorenresidenz Sonnenhang zu arbeiten, wo sie auf skurrile Bewohner, Eierlikörschmuggel und Kniffelspiele trifft, die ihr Leben auf den Kopf stellen.
Mit einer Mischung aus Humor, Melancholie und schonungsloser Ehrlichkeit erzählt Weßling vom Nicht-mehr-jung-Sein und zerplatzten Träumen. Die Begegnungen mit den Senioren – von der resoluten Gerda bis zum charmanten Eierlikör-Fan Heinz – sind voller Wärme und zeigen, wie echte Verbindungen Trost spenden können. Weßling gelingt es, schwere Themen wie ungewollte Kinderlosigkeit leicht und zugänglich zu verpacken, ohne die Tiefe zu verlieren. Der Roman wird für seine authentischen Figuren und die lebendige Sprache gefeiert.
"Sonnenhang" ist ein Buch für alle, die Hoffnung in unerwarteten Momenten suchen. Es zeigt, dass Glück nicht an gesellschaftliche Erwartungen gebunden ist, sondern in kleinen, menschlichen Begegnungen liegt.
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Leon de Winter: Stadt der Hunde
Autor: Leon de Winter, niederländischer Schriftsteller und Filmschaffender
Leon de Winters "Stadt der Hunde" ist ein fesselnder Roman, der persönliche Tragödie und mystische Elemente vereint. Jaap Hollander, ein pensionierter Gehirnchirurg aus den Niederlanden, sucht seit zehn Jahren nach seiner Tochter Lea, die in der israelischen Negev-Wüste verschwand. Jedes Jahr kehrt er nach Tel Aviv zurück, getrieben von Schuld und Hoffnung. Diesmal wird er in eine riskante Operation an einer saudischen Prinzessin verwickelt – ein Auftrag, der nicht nur medizinische Präzision, sondern auch politische Brisanz mit sich bringt und ihn womöglich zu Lea führen könnte.
De Winter webt eine vielschichtige Geschichte: Ein sprechender Hund begleitet Jaap und lässt die Grenzen zwischen Realität und Traum verschwimmen, während der Nahostkonflikt – inklusive einer Anspielung auf den Hamas-Angriff 2023 – subtil eingeflochten wird. Der Roman glänzt mit atmosphärischer Dichte und Spannung, auch wenn er nicht alle Fäden vollständig auflöst. De Winters Stil ist präzise und bildhaft, die Mischung aus Thriller, Mystik und Reflexion über Verlust macht das Buch besonders. Jaaps emotionale Distanz und seine Suche nach Sinn berühren tief.
"Stadt der Hunde" ist ideal für Leser, die komplexe, vielschichtige Geschichten lieben. Es fordert Geduld, belohnt aber mit einer intensiven Reise durch menschliche Abgründe und Hoffnungen. De Winter zeigt erneut sein Können – ein Roman, der Fragen stellt und im Kopf bleibt.
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Natasha Brown: Von allgemeiner Gültigkeit
Autorin: Natasha Brown, britische Schriftstellerin
Natasha Browns zweiter Roman "Von allgemeiner Gültigkeit" ist ein scharfsinniges Meisterwerk. Die Geschichte startet mit einem brutalen Angriff: Ein Mann wird auf einer Farm in Yorkshire mit einem Goldbarren fast erschlagen. Die junge Journalistin Hannah wittert ihre Chance, dem beruflichen Absturz zu entkommen, und stürzt sich in die Recherche. Sie deckt Verbindungen zu einem zwielichtigen Investmentbanker, einer anti-woke-Kolumnistin und einer anarchistischen Bewegung auf. Ihr Artikel wird viral, bringt sie zurück ins Rampenlicht und stellt die Frage: Was gilt in einer gespaltenen Gesellschaft noch als allgemein verbindlich? Brown seziert mit Witz und Präzision eine Welt in Auflösung.
Die Autorin, die nach einem Mathematikstudium in Cambridge im Finanzsektor arbeitete, bringt ihre Insiderperspektive ein, um Macht, Medien und Kapitalismus bloßzulegen. Ihre Sprache ist kompakt – der Roman umfasst nur etwa 160 Seiten – und doch von beeindruckender Tiefe, voller satirischer Spitzen und sprachlicher Eleganz. Sie zeigt, wie Wahrheit und Moral zu bloßen Werkzeugen der Rhetorik werden, während Hannah zwischen Ehrgeiz und Ethik schwankt. Das macht das Buch zu einem faszinierenden Spiegel unserer Zeit.
"Von allgemeiner Gültigkeit" ist ein Muss für Leser, die kluge Gesellschaftskritik und literarischen Genuss suchen. Brown bestätigt ihren Ruf nach Zusammenkunft und liefert eine Analyse, die unter die Haut geht. Ein kurzer, aber mächtiger Roman, der provoziert und begeistert.
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Anika Decker: Zwei vernünftige Erwachsene, die sich mal nackt gesehen haben
Autorin: Anika Decker, deutsche Regisseurin und Schriftstellerin
Anika Deckers zweiter Roman ist ein humorvolles und tiefgründiges Werk über Liebe und Lebenskrisen. Nina, knapp vor ihrem 50. Geburtstag, geschieden und Mutter zweier erwachsener Kinder, kämpft mit Wechseljahren, Zynismus und dem Frust über ihren Ex-Mann, der mit einer Influencerin und Zwillingen im Luxus lebt, während sie in einer kleinen Berliner Wohnung haust. Doch dann tritt David in ihr Leben – 20 Jahre jünger, charmant und verliebt –, und plötzlich steht alles Kopf. Decker erzählt diese unkonventionelle Romanze mit Witz und Wärme, ohne die realen Stolpersteine zu verschweigen.
Neben der Liebesgeschichte greift der Roman ernste Themen auf: Machtmissbrauch in der Filmbranche, wo Nina arbeitet, familiäre Spannungen mit ihrer trinkenden Mutter und ihrer angepassten Schwester sowie die Last patriarchaler Strukturen. Mit über 450 Seiten packt Decker viel hinein – von MeToo bis zur Berliner Hipster-Szene –, und verpackt es in einen lockeren Stil voller Situationskomik und scharfer Gesellschaftskritik. Die Figuren sind lebendig, die Dialoge pointiert, auch wenn das Buch für manche etwas überladen wirkt.
"Zwei vernünftige Erwachsene" ist perfekt für Leser, die Unterhaltung mit Tiefgang suchen. Anika Decker, bekannt als Drehbuchautorin ("Keinohrhasen"), zeigt ihr Talent für vielschichtige Geschichten, die lachen und nachdenken lassen. Ein Roman über Neustarts, der mitten ins Herz trifft.
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Svea Mausolf: Image
Autorin: Svea Mausolf, deutsche Künstlerin, Comedian und Schriftstellerin
In ihrem bitterbösen Debütroman "Image" wirft Svea Mausolf einen satirisch zugespitzten Blick auf eine Gesellschaft, in der moralische Grenzen längst verwischt sind. Im Zentrum steht Peggy Brinkmann, 37 Jahre alt, studiert seit Jahren erfolglos an der Uni und wohnt in einer Berliner WG mit dem zwielichtigen Martin, der recht gewöhnungsbedürftigen Beschäftigungen nachgeht. Nach der Trennung von ihrer Freundin stürzt sich Peggy in eine Affäre mit der charismatischen Veronique, die in der Kneipe "Image" arbeitet – einem Ort, der mehr Spiegel als Zufluchtsort ist.
Peggy taumelt durch eine Welt voller Selbstinszenierung, Kontrollverlust und grotesker Alltagsmomente. Die Eskalation erreicht ihren Höhepunkt auf der Verlobungsfeier ihrer Schwester, einer erfolgreichen Christfluencerin, bei der alle familiären und gesellschaftlichen Fassaden bröckeln. Mit gnadenlosem Witz und drastischer Sprache entlarvt Mausolf die Heuchelei hinter Wohlstand, Gläubigkeit und Lifestylekult, ohne Rücksicht auf political correctness oder Empathie-Erwartungen.
"Image" ist eine provokante Gesellschaftssatire, die zwischen schwarzem Humor, Absurdität und realer Verzweiflung changiert. Wer zynische Milieustudien à la Sibylle Berg oder Virginie Despentes schätzt, wird an diesem Debüt Gefallen finden – vorausgesetzt, man ist bereit, sich auf verstörende Szenen und schonungslosen Sarkasmus einzulassen. Ein literarisches Wagnis, das polarisieren wird – und genau das will.
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Maja Lunde: Für immer
Autorin: Maja Lunde, norwegische Schriftstellerin und Drehbuchautorin
Maja Lundes neuester Roman "Für immer" entführt uns in eine Welt, in der die Zeit für die Menschheit stillsteht. An einem gewöhnlichen Junitag hört die menschliche Entwicklung auf: Niemand stirbt mehr, doch es werden auch keine Kinder geboren. Während die Natur ihren ewigen Kreislauf fortsetzt, erzählt Lunde mit feinem Gespür die Geschichten von Menschen, die sich in dieser neuen Realität zurechtfinden müssen. Von der Rentnerin Margo, die das Leben feiern will, über die Fotografin Jenny, die ihre geschenkte Zeit genießt, bis hin zur Krankenschwester Eva, die die Ängste Schwangerer miterlebt – jede Figur spiegelt die tiefgreifenden Veränderungen dieses Stillstands wider.
Die norwegische Autorin, bekannt für ihr "Klimaquartett" und Werke wie "Die Geschichte der Bienen", verknüpft in "Für immer" existenzielle Fragen mit einer berührenden Erzählweise. Was bedeutet es, in einer Welt ohne Anfang und Ende zu leben? Ist es Fluch oder Segen, wenn die Zeit keine Grenzen mehr setzt? Lunde zeigt, wie ihre Figuren zwischen Hoffnung, Angst und Suche nach Sinn schwanken, während sie die Ursache dieses Phänomens – sei es ein Virus, ein Zauber oder etwas Unerklärliches – zu ergründen versuchen. Dabei bleibt die Natur eine stille, aber mächtige Kulisse, die den Kontrast zur menschlichen Starre betont.
Dieser Roman ist ein leises, nachdenkliches Werk, das zum Reflektieren über Endlichkeit und das Leben im Augenblick einlädt. Zwar meinen einige, dass "Für immer" sein Potenzial nicht vollständig ausschöpft, doch Lundes Fähigkeit, große Themen in persönlichen Geschichten greifbar zu machen, macht das Buch lesenswert.
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Nina Bußmann: Drei Wochen im August
Autorin: Nina Bußmann, deutsche Schriftstellerin
Nina Bußmanns Roman "Drei Wochen im August" nimmt uns mit in ein Ferienhaus an der französischen Atlantikküste. Elena plant dort mit ihren Kindern, der Babysitterin Eve und einer Freundin ihrer Tochter einen unbeschwerten Sommerurlaub, fernab ihres kriselnden Ehelebens in Deutschland. Doch die Idylle trügt: Während draußen Waldbrände wüten und die Hitze drückt, bringen unerwartete Besucher und wachsende Spannungen das fragile Gleichgewicht der Gruppe ins Wanken. Als eines der Mädchen plötzlich verschwindet, kippt der Urlaub endgültig in eine beklemmende Ungewissheit.
Mit psychologischem Feingefühl entwirft Bußmann ein Kammerspiel, das unter der Oberfläche eines entspannten Sommerflairs brodelnde Konflikte freilegt. Eifersucht, Misstrauen und unausgesprochene Vorwürfe zerreiben die Beziehungen zwischen den Figuren, während die Natur – von lodernden Feuern bis hin zu stickiger Schwüle – die innere Unruhe spiegelt. Die Autorin, die für diesen Roman das Alfred-Döblin-Stipendium 2022 erhielt, zeigt eindrucksvoll, wie schnell Harmonie in Bedrohung umschlagen kann. Jede Geste, jedes Wort wird zum Auslöser für eine Eskalation, die den Leser in ihren Bann zieht.
"Drei Wochen im August" ist ein intensiver, atmosphärisch dichter Roman, der Spannung und Tiefgang vereint. Nina Bußmann, bekannt für ihre präzise Sprache und ihren Blick auf zwischenmenschliche Abgründe, liefert ein Werk, das lange nachhallt. Für alle, die literarische Spannung mit einem Hauch von Sommerstimmung schätzen, ist dieses Buch eine Empfehlung – ein Urlaub, den man so schnell nicht vergisst.
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Daniel Pedersen: Offenes Wasser
Autor: Daniel Pedersen, schwedischer Verleger, Übersetzer und Schriftsteller
Daniel Pedersens Debütroman "Offenes Wasser" ist eine bewegende Reise durch Trauer und Neubeginn. Der schwedische Autor erzählt von einem Mann, der zwei einschneidende Ereignisse erlebt: Sein Vater wurde tot im Wasser gefunden – vermutlich ein Freitod –, und zeitgleich wird er selbst Vater einer Tochter. In der deutschen Übersetzung von Hannes Langendörfer entfaltet sich eine Geschichte, die mit poetischer Klarheit die Gegensätze von Tod und Geburt, Verlust und Hoffnung verbindet. Der Erzähler sucht in Erinnerungen, Briefen und Dokumenten nach Antworten auf das Leben seines Vaters, während er seine neue Rolle als Vater begreifen lernt.
Mit feiner Sensibilität zeigt Pedersen, wie eng Anfang und Ende des Lebens verknüpft sind. Das Wasser, ein wiederkehrendes Motiv, wird zum Symbol für Tiefe, Ungewissheit und Wandel – es trennt und verbindet zugleich. Der Roman verzichtet auf große Dramen und setzt stattdessen auf leise Töne, die den Leser in die Gedankenwelt des Protagonisten ziehen. Fragen nach Identität und Väterschaft durchziehen die Erzählung, während die klare, präzise Sprache die emotionale Wucht der Geschichte unterstreicht. Es ist ein Werk, das zum Innehalten einlädt und die Zerbrechlichkeit des Lebens spürbar macht.
"Offenes Wasser" ist ein introspektives Juwel der skandinavischen Literatur, das mit seiner Tiefe und Eleganz beeindruckt. Für Leser, die sich von existenziellen Themen und einer reduzierten, doch kraftvollen Erzählweise angezogen fühlen, ist dieses Buch eine klare Empfehlung. Daniel Pedersen schafft es, das Unsagbare in Worte zu fassen und hinterlässt einen bleibenden Eindruck.
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Clara Arnaud: Im Tal der Bärin
Autorin: Clara Arnaud, französische Schriftstellerin
Clara Arnauds Roman "Im Tal der Bärin" entführt in die wilde Schönheit der Pyrenäen, wo Mensch und Natur in einem fragilen Gleichgewicht stehen. Übersetzt von Sophie Beese, erzählt das Buch aus drei Perspektiven: Gaspard, ein Schäfer, kämpft nach traumatischen Erlebnissen mit einer Bärin um seine Herde; Alma, eine Ethologin, erforscht Bärenverhalten und setzt sich für ein Zusammenleben ein; Jules, ein Bärenführer aus dem 19. Jahrhundert, wandert mit einem dressierten Bären nach Amerika aus. Mit großer Sensibilität verknüpft Arnaud diese Stimmen zu einer Geschichte über Konflikte zwischen Tradition und Naturschutz, geprägt von der majestätischen, aber unbarmherzigen Bergwelt.
Die Autorin, die selbst in den Pyrenäen lebt, fängt die Landschaft in kraftvollen Bildern ein, die das Buch zu einem atmosphärischen Erlebnis machen. Die Spannung zwischen Schäfern, die ihre Existenz bedroht sehen, und Naturschützern, die die Bären bewahren wollen, wird mit psychologischem Tiefgang geschildert. Jede Figur trägt ihre eigene Wahrheit, was den Roman vielschichtig und zum Nachdenken anregend macht. Zwar bemängeln einige den deutschen Titel – die Handlung spielt mehr in den Bergen als in Tälern –, doch die intensive Sprache und die universellen Themen wie Verlust, Freiheit und Koexistenz überzeugen.
"Im Tal der Bärin" ist ein literarisches Kleinod für alle, die Naturverbundenheit und gesellschaftliche Fragen schätzen. In Frankreich mit Preisen ausgezeichnet, besticht das Buch durch seine Tiefe und Aktualität. Wer sich für packende Geschichten mit ökologischem und menschlichem Kern interessiert, wird hier fündig.
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Eva Lohmann: Wie du mich ansiehst
Autorin: Eva Lohmann, deutsche Schriftstellerin
Eva Lohmanns Roman "Wie du mich ansiehst" erzählt die berührende Geschichte von Johanna, einer Frau Anfang vierzig, die sich mit dem Älterwerden und gesellschaftlichen Blicken auseinandersetzt. Nach dem Tod ihres Vaters erbt sie seinen verwilderten Garten und eine Sorgenfalte, die sie nicht loslässt. Johanna wagt sich an Schönheitsbehandlungen, doch die Entscheidung wirft Fragen auf: Warum definiert ihr Aussehen sie so sehr? Wie erklärt sie das ihrer Tochter Rosa, der sie Selbstliebe beigebracht hat? Mit ihrem Mann, einem oft abwesenden Marinekapitän, ringt sie um Nähe. Lohmann fängt Johannas Suche nach einem neuen Selbstbild mit feiner Beobachtung ein.
Der Roman lebt von seiner klugen, einfühlsamen Erzählweise, die den Alltag einer Frau in der Lebensmitte beleuchtet. Themen wie Schönheitsdruck, Selbstzweifel und die Freiheit, die das Älterwerden birgt, werden behutsam verknüpft. Johanna balanciert zwischen Familie, Beruf und dem Wunsch, sich selbst neu zu sehen, während der Garten ihres Vaters zum Symbol für Wandel wird. Manche Leser könnten die Handlung als zu leise empfinden, doch gerade in den kleinen Momenten liegt die Stärke des Buches. Lohmann, selbst Mutter und bekannt für "Das leise Platzen unserer Träume", zeigt ein tiefes Verständnis für die inneren Kämpfe ihrer Figuren.
"Wie du mich ansiehst" ist ein Roman für alle, die sich in den Fragen von Frauen ab vierzig wiederfinden. Mit feministischem Blick und authentischer Sprache lädt er zum Nachdenken über Selbstakzeptanz und gesellschaftliche Erwartungen ein.
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Helene Hegemann: Striker
Autorin: Helene Hegemann, deutsche Schriftstellerin, Drehbuchautorin und Regisseurin
Helene Hegemanns Roman "Striker" taucht tief in die pulsierende, zerrissene Welt Berlins ein. Die Protagonistin N, eine Kampfsportlerin Mitte zwanzig, kämpft mit Schlaflosigkeit und lebt zwischen zwei Realitäten: einem heruntergekommenen Kiez und einem noblen Villenviertel. In ihrer Kampfsportschule findet sie Halt, beginnt eine Affäre mit einer Politikerin und versucht, ihre innere Zerrissenheit zu bändigen. Doch als kryptische Zeichen an einer Brandmauer auftauchen und Ivy, eine obdachlose Frau, vor ihrer Tür steht, die vom mysteriösen Graffitikünstler Striker spricht, gerät Ns Leben aus den Fugen. Hegemann erzählt mit roher Intensität von einer jungen Frau, die zwischen Disziplin und Selbstzerstörung schwankt.
Mit kraftvoller, dichter Sprache fängt der Roman die Spannungen einer gespaltenen Gesellschaft ein – Klassenkampf, gentrifizierte Städte und die Wut, die in Gewalt umschlagen kann. Ns Geschichte ist ein feministischer Blick auf Identität und Verdrängung, der die Leser in die Abgründe urbaner Lebenswelten zieht. Hegemann, bekannt seit "Axolotl Roadkill", zeigt eine gereifte, aber immer noch provokante Stimme. Manche mögen die Handlung als sprunghaft empfinden, doch die Wucht der Bilder und die schonungslose Ehrlichkeit machen "Striker" zu einem Erlebnis, das unter die Haut geht.
"Striker" ist ein Muss für Fans intensiver, zeitgenössischer Literatur, die keine einfachen Antworten bietet. Hegemann fordert heraus, bewegt und lässt Berlin in all seiner Rauheit lebendig werden. Wer Geschichten sucht, die die Nerven einer Stadt und ihrer Bewohner offenlegen, wird hier fündig – ein Roman wie ein Faustschlag.
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Christian Kracht: Air
Autor: Christian Kracht, Schweizer Schriftsteller und Journalist
Christian Krachts "Air" ist ein faszinierend schillernder Roman, der die Leser in eine Welt zwischen Realität und Traum entführt. Paul, ein Schweizer Innenarchitekt, lebt zurückgezogen auf den Orkney-Inseln, als er einen skurrilen Auftrag erhält: Für ein norwegisches Rechenzentrum soll er das "perfekte Weiß" finden. Was als exzentrische Aufgabe beginnt, wird zu einer surrealen Reise, die ihn an die Ränder seiner Wahrnehmung führt. Parallel erzählt Kracht von einer anderen Ebene, wo Paul auf das Mädchen Ildr trifft, das ihn für einen Magier hält, während sie vor einem dunklen Herzog fliehen. Nominiert für den Preis der Leipziger Buchmesse 2025, zeigt der Roman Krachts Meisterschaft in der Verschmelzung von Moderne und Mythos.
Mit eleganter, oft rätselhafter Prosa verknüpft "Air" Zivilisationskritik mit Elementen aus Fantasy und Märchen. Germanische Mythen, KI-Visionen und literarische Anspielungen – von Astrid Lindgren bis Cixin Liu – weben eine Atmosphäre, die gleichermaßen verfremdet und fesselt. Krachts siebter Roman bleibt seiner Ästhetik treu: ironisch, verstörend und voller Tiefe, auch wenn manche Kritiker die Handlung als zu lose empfinden. Die Kulisse – vom windgepeitschten Schottland bis zum klinischen Rechenzentrum – spiegelt die innere Zerrissenheit der Figuren und regt zum Nachdenken über Technologie und Menschsein an.
Ein Muss für Leser, die sich auf unkonventionelle Erzählungen einlassen möchten. Kracht fordert heraus, ohne einfache Antworten zu geben, und schafft eine Welt, die wie ein Traum lange nachwirkt. Wer Literatur liebt, die Grenzen sprengt und mit Bildern spielt, wird hier fündig.
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Suzanne Collins: Die Tribute von Panem - L - Der Tag bricht an
Autorin: Suzanne Collins, US-amerikanische Publizistin von Cartoons sowie von Kinder- und Jugendliteratur
Suzanne Collins’ "Die Tribute von Panem – L – Der Tag bricht an" nimmt die Leser mit auf eine packende Reise zurück in die dystopische Welt von Panem. Dieses Prequel, der fünfte Band der Reihe, erzählt die Geschichte von Haymitch Abernathy, dem späteren Mentor von Katniss Everdeen, während der 50. Hungerspiele – dem zweiten Jubel-Jubiläum. Der 16-jährige Haymitch wird in Distrikt 12 ausgelost, wo für dieses brutale Spektakel doppelt so viele Tribute gefordert werden. Mit drei anderen – einer Freundin, einem wettbesessenen Jungen und einem hochmütigen Mädchen – wird er ins Kapitol geschickt. In der Arena erkennt er, dass die Spiele gegen ihn gestaltet sind, doch sein Scharfsinn und ein Funke Widerstand treiben ihn an.
Collins entfaltet mit gewohnter Spannung Haymitchs Überlebenskampf und zeichnet ein lebendiges Bild seiner Jugend, das seine spätere Verbitterung erklärt. Die Arena, voller tückischer Wendungen, wird zur Bühne für Mut und Verlust, während das Kapitol mit Propaganda die Kontrolle sichert. Der Roman glänzt mit präziser Charakterarbeit und kritisiert Machtmissbrauch und gesellschaftliche Ungleichheit, bleibt aber für manche etwas weniger tiefgründig als die Haupttrilogie. Dennoch fesselt die Rückkehr nach Panem, unterstützt durch Collins’ klaren, mitreißenden Stil, der die Leser direkt in die Arena zieht.
Eine klare Empfehlung für Fans der Reihe und Neueinsteiger, die dystopische Spannung lieben. Haymitchs Geschichte ist tragisch, inspirierend und ein würdiger Blick in Panems Vergangenheit. Wer Action, Emotionen und gesellschaftliche Fragen schätzt, wird begeistert sein – ein Roman, der den Funken des Widerstands neu entfacht.
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Gil Ribeiro: Lautlose Feinde
Autor: Gil Ribeiro (Pseudonym von Holger Karsten Schmidt), deutscher Drehbuch- und Romanautor
Gil Ribeiros "Lautlose Feinde" ist der siebte Band der beliebten Krimireihe um Kommissar Leander Lost an der Algarve. In Fuseta beginnt die Geschichte dramatisch am Vorabend von Leanders Hochzeit mit seiner Partnerin Soraia: Ein Zollbeamter wird ermordet, als er die Entführung seiner Enkelin verhindert. Leander, unterstützt von Graciana Rosado und Carlos Esteves, taucht in einen Fall ein, der ein russisches Spionagenetz aufdeckt. Ein mysteriöser "Sandmann" scheint die Agenten auszuschalten, und die Spur führt zu Victor Fjodorow, einem gefährlichen Geheimdienstoberst. Als ein Anschlag Soraia trifft, wird der Fall für Leander zutiefst persönlich. Ribeiro verknüpft Spannung mit dem sonnigen Flair Portugals meisterhaft.
Leander Lost, ein Asperger-Autist, besticht durch seine ungewöhnlichen Ermittlungsmethoden und seine emotionale Tiefe, besonders in seiner Beziehung zu Soraia. Ribeiro, das Pseudonym von Holger Karsten Schmidt, fängt die Atmosphäre der Algarve mit Humor und Lokalkolorit ein, während er eine komplexe Geschichte von Verrat und Rache spinnt. Die Figuren sind lebendig, und die Verflechtungen zwischen persönlicher und globaler Ebene halten die Leser in Atem. Manche könnten die vielen Namen als herausfordernd empfinden, doch die klare Struktur macht den Krimi auch für Neueinsteiger zugänglich.
"Lautlose Feinde" ist ein Tipp für Krimifans, die intelligente Plots und mediterranes Flair lieben. Ribeiro liefert einen packenden Fall, der Herz und Nerven gleichermaßen anspricht. Wer Spannung mit Charaktertiefe sucht, wird hier fündig – ein Krimi, der die Algarve so lebendig macht, als wäre man selbst vor Ort.
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Jean-Luc Bannalec: Bretonische Versuchungen
Autor: Jean-Luc Bannalec (Pseudonym von Jörg Bong), deutscher Literaturwissenschaftler, Lektor, Verleger, Herausgeber, Autor, Publizist und Fotograf
Jean-Luc Bannalecs "Bretonische Versuchungen" ist der 14. Band der beliebten Krimireihe um Kommissar Georges Dupin. In Concarneau will Dupin seine Angst vor dem Meer bekämpfen, als ein bizarrer Mord seine Pläne durchkreuzt: Eine Frau, Besitzerin einer traditionsreichen Schokoladen-Confiserie in der Ville Close, wird in einem Bottich voller Schokolade ertränkt. Was wie ein skurriler Fall beginnt, entpuppt sich als raffinierter Mord. Mit seiner Assistentin Nolwenn stürzt sich Dupin in die Ermittlungen, die ihn auf einen rasanten Roadtrip durch die Bretagne bis ins Baskenland führen. Bannalec verwebt gekonnt Spannung mit dem verführerischen Flair der Region.
Der Roman glänzt durch seine lebendige Beschreibung der bretonischen Kultur, diesmal mit einem Fokus auf die Welt der Chocolatiers. Dupins eigensinniger Charme, sein Kaffeedurst und seine Schlagabtausche mit Nolwenn bringen Humor in die Geschichte, während die Ermittlungen Geheimnisse aus der Schokoladenbranche zutage fördern. Bannalec, das Pseudonym von Jörg Bong, schafft eine Atmosphäre, die die Leser direkt in die salzige Luft der Bretagne versetzt. Manche mögen die vielen Details als etwas bremsend empfinden, doch die Mischung aus Lokalkolorit und Krimispannung bleibt ein Markenzeichen der Reihe.
"Bretonische Versuchungen" ist ein Genuss für Krimifans und Liebhaber der Bretagne. Der eigenwillige Dupin und die liebevoll gezeichnete Kulisse machen das Buch zu einem perfekten Begleiter für alle, die Spannung mit regionalem Charme schätzen. Auch Neueinsteiger finden hier einen packenden Fall – ein Krimi, der so süß und vielschichtig ist wie bretonische Schokolade.
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J. Robert Lennon: Hard Girls
Autor: J. Robert Lennon, US-amerikanischer Roman- und Kurzgeschichtenautor, Musiker und Komponist
J. Robert Lennons "Hard Girls" ist ein mitreißender Thriller, der Spannung und Familiendrama geschickt verknüpft. Die Zwillingsschwestern Jane und Lila Pool, gezeichnet von einer traumatischen Jugend mit einer abwesenden Mutter, Anabel, und einem gewaltsamen Ereignis, leben in unterschiedlichen Welten: Jane führt ein scheinbar geordnetes Leben mit Familie und Bürojob, während Lila spurlos verschwunden war. Als Lila nach Jahren auftaucht und behauptet, Anabel gefunden zu haben, begeben sich die Schwestern auf eine gefährliche Suche quer durch die USA. Was als Wiedersehen beginnt, wird zu einer Jagd voller Geheimnisse, Täuschungen und Konfrontationen mit ihrer Vergangenheit.
Lennon mischt Elemente eines Verfolgungsromans mit Spionageflair und psychologischer Tiefe. Jane und Lila, beide zäh, aber verletzlich, tragen die Geschichte mit ihrer komplexen Dynamik – voller Misstrauen und doch untrennbar verbunden. Die Handlung entfaltet sich rasant, von Kleinstädten bis zu zwielichtigen Motels, und hält die Leser durch unvorhersehbare Wendungen in Atem. Manche bemängeln einen etwas gemächlichen Start, doch die intensive Charakterzeichnung und der Sog der Ereignisse machen dies wett. Lennon, bekannt für seine vielschichtigen Romane, liefert hier den Auftakt zu einer geplanten Serie, die bereits neugierig auf mehr macht.
"Hard Girls" ist ein Buchtipp für Thriller-Fans, die starke Figuren und emotionale Tiefe schätzen. Der Roman packt mit seiner Mischung aus Action, Geheimnissen und Familiendynamik und lässt einen nicht los. Wer Geschichten sucht, die unter die Haut gehen und das Herz schneller schlagen lassen, wird hier fündig – ein Roadtrip, der so unvergesslich ist wie die Schwestern selbst.
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Rebecca F. Kuang: Katabasis
Autorin: Rebecca F. Kuang, US-amerikanische Schriftstellerin chinesischer Herkunft
Rebecca F. Kuangs "Katabasis" ist ein fesselnder Dark-Academia-Fantasy-Roman, der Intelligenz und Abenteuer vereint. Die Geschichte folgt Alice Law und Peter Murdoch, zwei rivalisierenden Doktoranden der analytischen Magie in Cambridge, die nach dem Tod ihres Professors Jacob Grimes – möglicherweise durch Alices Versagen – in die Hölle reisen, um seine Seele zu retten. Grimes’ Empfehlung ist für ihre Karrieren entscheidend, doch die Unterwelt, inspiriert von „Dantes Inferno“ und Susanna Clarkes "Piranesi", fordert sie mit philosophischen Rätseln und tödlichen Gefahren heraus. Kuang spinnt eine Geschichte voller Witz, Ehrgeiz und unerwarteter Wendungen, die die Leser in eine surreale Welt zieht.
Mit ihrem charakteristischen Stil liefert Kuang eine bissige Satire auf die akademische Welt, in der Ehrgeiz und Konkurrenz die Figuren antreiben. Alice und Peter, anfangs erbitterte Feinde, entwickeln eine fragile Zusammenarbeit, während sie ein logikbasiertes Magiesystem meistern und die Regeln einer chaotischen Hölle entschlüsseln. Die dichte Atmosphäre, gespickt mit literarischen Anspielungen und blutigen Szenen, macht das Buch zu einem intellektuellen Genuss, auch wenn manche die Fülle an Referenzen als überladen empfinden. Kuangs sechster Roman besticht durch seine klugen Dialoge und die Balance zwischen Spannung und Humor.
Ein Highlight für Fans von Fantasy mit Tiefgang und Dark-Academia-Liebhaber. Kuang beweist erneut ihr Talent, komplexe Themen in packende Geschichten zu verweben. Wer sich auf eine Reise durch Hölle und Verstand einlassen möchte, wird hier reich belohnt.
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Rebecca Yarros: Onyx Storm - Flammengeküsst
Autorin: Rebecca Yarros, US-amerikanische Schriftstellerin
Rebecca Yarros’ "Onyx Storm – Flammengeküsst" ist der dritte Band der packenden „Empyrean“-Reihe und führt Violet Sorrengails Abenteuer am Basgiath War College weiter. Nach anderthalb Jahren harter Ausbildung steht Violet vor ihrer bisher größten Prüfung: Der Krieg hat begonnen, und Navarre ist von Feinden umzingelt. Violet muss jenseits des schwindenden Schutzzaubers in unbekannte Länder reisen, um Verbündete zu finden. Mit ihren Drachen an ihrer Seite riskiert sie alles – für ihre Familie, ihre Heimat und Xaden –, während ein Geheimnis droht, alles zu zerstören. Yarros liefert eine Geschichte voller Action, die Fans von "Fourth Wing" und "Iron Flame" sofort in den Bann zieht.
Der Roman glänzt mit einer lebendigen Welt aus Drachenreitern, politischen Intrigen und einer romantischen Spannung, die das Herz höherschlagen lässt. Violets Entwicklung von einer strategischen Denkerin zu einer mutigen Kämpferin ist fesselnd, auch wenn die Fülle an Figuren und Details Neueinsteiger überfordern könnte – Vorkenntnisse der Reihe sind ein Muss. Yarros balanciert geschickt emotionale Tiefe mit überraschenden Wendungen, obwohl manche den Einstieg als etwas holprig empfinden. Die detailreiche Beschreibung der Drachen und der Magie macht die Welt greifbar und verstärkt den Sog der Handlung.
Eine Buchempfehlung für Fantasy-Fans, die epische Schlachten, starke Heldinnen und romantische Intensität lieben. Yarros beweist erneut ihr Talent, Leser in eine Welt voller Gefahr und Leidenschaft zu entführen. Wer die ersten Bände verschlungen hat, wird hier nicht enttäuscht.
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Steffen Dobbert und Ulrich Thiele: Nord Stream
Autoren: Steffen Dobbert, deutscher Journalist / Ulrich Thiele, deutscher Reporter
"Nord Stream - Wie Deutschland Putins Krieg bezahlt" ist ein packendes investigatives Sachbuch von den Journalisten Steffen Dobbert und Ulrich Thiele. Es beleuchtet die skandalösen Verstrickungen rund um die Ostsee-Pipelines Nord Stream 1 und 2, die weit über wirtschaftliche Interessen hinausgehen. Die Autoren zeigen, wie diese Projekte Russlands geopolitischen Einfluss in Europa stärkten und den Krieg gegen die Ukraine mitfinanzierten. Mit akribischer Recherche decken sie auf, wie deutsche Politiker – allen voran in Mecklenburg-Vorpommern – mit Gazprom kollaborierten, während Millionen aus Moskau flossen und Warnungen ignoriert wurden.
Das Buch enthüllt ein Netz aus strategischer Korruption: Von einer Klimastiftung, die als Deckmantel diente, über geheime NATO-Daten, die verraten wurden, bis hin zu Akten, die im Kamin verschwanden. Dobbert und Thiele erzählen die Geschichte wie einen Politthriller, der die Leser durch die dunklen Ecken der Energiepolitik führt. Besonders erschütternd ist, wie naiv oder bewusst deutsche Entscheidungsträger russische Interessen förderten. Manche kritisieren die einseitige Perspektive, doch die Fülle an Belegen und die klare Sprache machen den Skandal greifbar und regen zum Nachdenken über Abhängigkeiten an.
Ein Tipp für alle, die sich für Politik, Wirtschaft und investigative Recherchen interessieren. Es stellt unbequeme Fragen zur deutschen Verantwortung und liest sich so spannend wie ein Krimi. Wer die Hintergründe eines der größten politischen Skandale verstehen will, findet hier ein aufschlussreiches Werk.
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Hugh Raffles: Das Buch der Unverfügbarkeiten
Autor: Hugh Raffles, britischer Anthropologe, Hochschullehrer und Schriftsteller
Hugh Raffles’ "Das Buch der Unverfügbarkeiten" ist ein einzigartiges Werk, das die Grenzen zwischen Anthropologie, Naturwriting und persönlicher Erzählung sprengt. In sechs Kapiteln, jedes einer Gesteinsart wie Marmor, Sandstein oder Magnetit gewidmet, verknüpft Raffles geologische Tiefenzeit mit menschlichen Erfahrungen von Verlust, Trauma und Geschichte. Der Tod seiner beiden Schwestern in den 1990er Jahren bildet den emotionalen Kern, doch das Buch reicht weit darüber hinaus: Es erzählt von der Entstehung von Gesteinen, ihrer kulturellen Bedeutung und den Spuren, die sie in der Welt hinterlassen – etwa in antiken Steinbrüchen oder durch menschliche Ausbeutung. Raffles’ poetische Sprache lädt dazu ein, das Unsichtbare und Unfassbare zu ergründen, und macht das Buch zu einer faszinierenden Meditation über Zeit und Vergänglichkeit.
Die Stärke des Buches liegt in seiner Fähigkeit, scheinbar disparate Themen – Geologie, Kolonialismus, persönliche Trauer – zu einem dichten, assoziativen Geflecht zu verweben. Raffles erzählt nicht linear, sondern lässt die Leser durch Zeiten und Räume schweifen, von prähistorischen Landschaften bis zu modernen Konflikten. Dabei fordert er eine aufmerksame Lektüre, die bereit ist, sich auf seine unkonventionelle Struktur einzulassen. Wer sich darauf einlässt, wird mit tiefen Einsichten belohnt, etwa darüber, wie Steine Geschichten von Vertreibung oder Widerstand bewahren.
"Das Buch der Unverfügbarkeiten" ist ideal für Leser, die genreübergreifende Werke schätzen und sich für die Verbindungen zwischen Mensch und Materie interessieren. Wer Werke wie die von Robert Macfarlane oder Rebecca Solnit mag, wird hier eine bereichernde Lektüre finden.
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Sarah Ramey: Der Club der hysterischen Frauen
Autorin: Sarah Ramey, amerikanische Musikerin, Songwriterin und Schriftstellerin
Sarah Rameys "Der Club der hysterischen Frauen" ist ein eindringliches Buch, das persönliche Erfahrung mit gesellschaftskritischer Analyse verbindet. Nach einer vermeintlich simplen Harnwegsinfektion und einer fehlerhaften Operation leidet Ramey fast zwei Jahrzehnte an unerklärlichen Schmerzen, Erschöpfung und Symptomen, die von Ärzten oft als psychosomatisch abgetan werden. Mit Witz, Wut und einer klaren Sprache erzählt sie von ihrem Kampf um Anerkennung in einem Medizinsystem, das komplexe Krankheiten bei Frauen häufig ignoriert oder bagatellisiert. Das Buch ist nicht nur eine Autobiografie, sondern ein Plädoyer für einen Wandel in der Gesundheitsversorgung, das die Leser dazu anregt, die Strukturen hinter solchen Erfahrungen zu hinterfragen.
Ramey geht über ihre eigene Geschichte hinaus und beleuchtet die systematischen Probleme, mit denen Frauen mit "mysteriösen" Krankheiten wie Fibromyalgie, Lupus oder Chronischem Fatigue-Syndrom konfrontiert sind. Sie zeigt, wie historische Vorstellungen von "Hysterie" bis heute nachwirken und Frauen dazu bringen, ihre Symptome zu verbergen oder zu bezweifeln. Durch die Geschichten anderer Betroffener entsteht ein kollektives Porträt von Resilienz und Widerstand. Ihr feministischer Blick ist scharf, aber nie belehrend, und ihre Ironie macht selbst die schwersten Passagen zugänglich.
"Der Club der hysterischen Frauen" empfiehlt sich für alle, die sich für Gesundheit, Feminismus oder gesellschaftliche Gerechtigkeit interessieren. Es spricht sowohl Betroffene an, die sich gesehen fühlen wollen, als auch Leser, die die Schnittstellen von Medizin und Geschlecht erkunden möchten. Wer Bücher wie "Invisible Women" von Caroline Criado Perez schätzt, wird Rameys klugen und bewegenden Bericht lieben.
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Silke Schlichtmann: Mein merkwürdig schöner Sommer mit Luna
Autorin: Silke Schlichtmann, deutsche Schriftstellerin, Literaturwissenschaftlerin und Lektorin
Silke Schlichtmanns "Mein merkwürdig schöner Sommer mit Luna" ist ein bezaubernder Kinderroman, der Leserinnen und Leser ab 9 Jahren in ein unvergessliches Sommerabenteuer entführt. Der elfjährige Skat freut sich auf Ferien an der Nordsee, doch alles läuft schief: Sein bester Freund ist weggezogen, seine Mutter muss sich um eine verunglückte Tante kümmern, und sein Vater plant einen Kitesurfkurs, der Skat kaltlässt. Im Zug trifft er Luna, ein quirliges Mädchen, das von zu Hause ausgerissen ist, um ihren leiblichen Vater zu finden. Skat verspricht, ihr zu helfen, und plötzlich steckt er mitten in einem Wirbel aus Geheimnissen, kleinen Lügen und großen Gefühlen. Mit viel Humor und Herz erzählt Schlichtmann eine Geschichte über Freundschaft und Mut, die Kinder sofort in ihren Bann zieht.
Was das Buch so besonders macht, ist Skats Stimme: Als selbstironischer Erzähler schildert er die Ereignisse mit einem Augenzwinkern, das Kinder wie Erwachsene zum Schmunzeln bringt. Luna ergänzt ihn perfekt mit ihrer ungestümen, aber verletzlichen Art, und zusammen bilden sie ein Duo, das für Spannung und Emotionen sorgt. Die Geschichte greift Themen wie Familie, Vertrauen und die Suche nach Identität auf, ohne je belehrend zu wirken. Verena Körtings Illustrationen verleihen dem Buch zusätzlichen Charme und machen die Nordsee-Atmosphäre greifbar.
"Mein merkwürdig schöner Sommer mit Luna" ist ideal für alle, die Abenteuergeschichten mit Tiefgang lieben. Es eignet sich perfekt zum Vorlesen oder Selberlesen und spricht sowohl Kinder als auch Erwachsene an, die sich nach einer warmherzigen Sommerlektüre sehnen. Wer Bücher wie "Rico und Oskar" von Andreas Steinhöfel mag, wird hier eine ebenso liebenswerte Erzählung finden.
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