Buchtipps von Denis Scheck
Sie sind hier: Startseite » Bücher » Kanon » Buchtipps von Denis Scheck
Denis Scheck ist ein renommierter Literaturkritiker, dessen Buchtipps regelmäßig hohe Aufmerksamkeit finden. Auf dieser Seite präsentiere ich Ihnen eine sorgfältige Auswahl seiner aktuellen Leseempfehlungen. Diese Liste umfasst vor allem Werke, die er seit 2010 positiv rezensiert hat. Denn in seinem Werk "Schecks Kanon" legte er bereits eine Sammlung der 100 wichtigsten Bücher vor, die mit Michel Houellebecqs "Karte und Gebiet" (2010) endet. Obwohl der Fokus dieser Liste auf neueren Veröffentlichungen liegt, finden Sie hier auch gelegentlich ältere Bücher, die von ihm kürzlich empfohlen wurden. Entdecken Sie die besten Leseempfehlungen von Denis Scheck – für alle, die sich für erstklassige Literatur interessieren.
Von Marcel Behling
Denis Scheck: Ausgewählte Buchtipps
Kenneth Grahame: Der Wind in den Weiden
Originaltitel: The Wind in the Willows
Autor: Kenneth Grahame, britischer Schriftsteller
"Der Wind in den Weiden" ist ein wundervolles und zeitloses Kinderbuch, das 1908 erstmals veröffentlicht wurde und zu den großen Klassikern der englischen Literatur zählt. Die Geschichte spielt in einer idyllischen, von Natur und Abenteuern geprägten Welt und folgt den Erlebnissen von vier liebenswerten Tierfiguren: dem gutmütigen Maulwurf, dem verträumten Wasserrat, dem aufbrausenden, aber charismatischen Biber und dem abenteuerlustigen, manchmal unüberlegten Mops Toad. Gemeinsam erleben sie eine Reihe aufregender Abenteuer, die sie mit Freundschaft, Mut und Humor meistern.
Im Mittelpunkt des Buches steht der impulsive und unberechenbare Toad, der von einem Abenteuergeist getrieben wird und ständig in Schwierigkeiten gerät, sei es durch seine Leidenschaft für schnelle Autos oder durch seine naiven Ideen. Trotz seiner Fehler und seiner chaotischen Natur wird Toad von seinen Freunden nie aufgegeben, die ihm immer wieder aus der Patsche helfen und ihm wichtige Lebenslektionen erteilen.
"Der Wind in den Weiden" besticht nicht nur durch seinen bezaubernden Erzählstil und die faszinierenden Charaktere, sondern auch durch seine tiefgründige Symbolik. Das Buch behandelt Themen wie die Bedeutung von Heimat, Freundschaft, Verantwortung und das Streben nach Freiheit. Die Charaktere repräsentieren unterschiedliche Aspekte menschlicher Natur und soziale Dynamiken – vom treuen Maulwurf bis hin zum eigenwilligen Toad – was das Buch sowohl für Kinder als auch für Erwachsene interessant macht.
Die poetische Sprache und die detaillierten Beschreibungen der Landschaft und der Jahreszeiten verleihen der Geschichte eine sanfte, fast meditative Atmosphäre, die den Leser in eine Welt entführt, die sowohl realistisch als auch magisch wirkt. Grahame versteht es meisterhaft, die Charaktere und deren Beziehungen mit einem hohen Maß an Empathie und Verständnis zu schildern, was das Buch zu einer wertvollen Lektüre über das Leben, das Wachsen und das Überwinden von Herausforderungen macht.
"Der Wind in den Weiden" ist nicht nur ein Abenteuerbuch, sondern auch eine tiefgründige Betrachtung menschlicher Eigenschaften und die Entwicklung von Freundschaften. Es ist ein Werk, das sich gleichermaßen für junge Leser eignet und gleichzeitig Erwachsenen wertvolle Einsichten und nostalgische Erinnerungen bietet. Mit seinen humorvollen Episoden, liebevollen Charakteren und seiner reflektierten Erzählweise bleibt dieses Buch ein unverzichtbarer Klassiker, der immer wieder Freude und nachdenkliche Momente schenkt.
Thomas Mann: Der Tod in Venedig
Autor: Thomas Mann, deutscher Schriftsteller
"Der Tod in Venedig" ist eine der bekanntesten und zugleich bewegendsten Novellen des deutschen Autors, die 1912 erstmals veröffentlicht wurde. Das Werk gehört zu den Meisterwerken der deutschen Literatur und beschäftigt sich auf eindrucksvolle Weise mit den Themen Leidenschaft, Obsession und den unvermeidlichen Abgründen der menschlichen Psyche.
Die Novelle erzählt die Geschichte des älteren, angesehenen Schriftstellers Gustav von Aschenbach, der nach Venedig reist, um sich von den Strapazen seines Lebens zu erholen. Während seines Aufenthalts begegnet er dem jungen, schönen Tadzio, einem polnischen Jungen, dessen Anmut und Schönheit in Aschenbach eine unkontrollierbare Leidenschaft entfachen. Der Schriftsteller verfällt zunehmend dieser Faszination, was ihn in einen inneren Konflikt stürzt und ihn an die Grenzen seines moralischen und psychischen Gleichgewichts führt.
"Der Tod in Venedig" ist mehr als nur eine Geschichte über eine verbotene Leidenschaft; es ist eine tiefgründige Untersuchung der menschlichen Natur, der Konflikte zwischen Verstand und Gefühl sowie der Zerrissenheit zwischen Pflichtbewusstsein und dem Streben nach Erfüllung durch emotionale Hingabe. Mann schildert Aschenbachs inneren Zerrissensprozess mit einer meisterhaften Mischung aus psychologischer Tiefe und symbolischer Darstellung. Der Tod, der die Geschichte durchzieht, wird nicht nur als physisches Ende dargestellt, sondern auch als Metapher für das unaufhaltsame Verlangen nach etwas Unerreichbarem und die tragische Konfrontation mit den eigenen inneren Dunkelheiten.
Die Erzählweise von Thomas Mann ist von einer eleganten, fast poetischen Sprache geprägt, die gleichzeitig eine präzise Analyse der Charaktere und ihrer psychologischen Verfassungen ermöglicht. Besonders bemerkenswert ist die Darstellung von Aschenbachs zunehmender Besessenheit, die sich in seinem Verhalten widerspiegelt, als er seine ursprüngliche Unabhängigkeit und Kontrolle immer weiter verliert.
Inmitten dieser dramatischen inneren Zerrissenheit ist "Der Tod in Venedig" auch eine Erzählung über den Verfall – sowohl körperlich als auch geistig. Venedig, die Stadt des Verfalls und der Dekadenz, wird von Mann als Spiegel der inneren Welt des Protagonisten genutzt. Die Beschreibung der Stadt, die von einer schwülen Atmosphäre und der Bedrohung durch Krankheit geprägt ist, wird zu einem Symbol für die Unausweichlichkeit des Todes und die Tragödie menschlicher Sehnsüchte.
"Der Tod in Venedig" ist ein fesselndes und zugleich erschütterndes Werk, das mit seinen vielschichtigen Themen und seiner psychologischen Präzision auch heute noch Leser zum Nachdenken anregt. Für Literaturfreunde und solche, die sich mit den komplexen Aspekten menschlicher Emotionen und moralischer Zerrissenheit auseinandersetzen möchten, ist dieses Werk ein unverzichtbares Meisterstück der Literaturgeschichte.
Alexander Moritz Frey: Solneman der Unsichtbare
Autor: Alexander Moritz Frey, deutscher Schriftsteller
"Solneman der Unsichtbare" ist ein faszinierendes Werk der deutschen Literatur, das 1903 erstmals veröffentlicht wurde und sich durch seine außergewöhnliche Mischung aus Abenteuer, Fantasie und tiefgründigen philosophischen Fragestellungen auszeichnet. Der Roman erzählt die Geschichte von Solneman, einem außergewöhnlichen Protagonisten, der als "Unsichtbarer" in der Gesellschaft lebt. Solneman ist ein Mann, der aufgrund seiner Fähigkeit, unsichtbar zu werden, an den Rand der menschlichen Erfahrung gerät und gleichzeitig die unsichtbaren Grenzen der sozialen, moralischen und psychologischen Wirklichkeit hinterfragt.
Die Geschichte folgt Solneman auf seiner Reise durch das Leben, auf der er versucht, sich in einer Welt zurechtzufinden, in der er von den anderen nicht wahrgenommen wird. Diese unsichtbare Existenz lässt ihn die Welt aus einer einzigartigen Perspektive erleben, während er sich immer weiter von der Gesellschaft entfremdet. Der Protagonist steht vor der Frage, ob wahre Freiheit nur in der Unsichtbarkeit erlangt werden kann oder ob der Kontakt mit anderen Menschen und das Teilen seiner Erfahrungen notwendig sind, um ein erfülltes Leben zu führen.
"Solneman der Unsichtbare" ist eine eindrucksvolle Erzählung über die Isolation und den Wunsch nach Entfaltung in einer Welt, die von Normen und Erwartungen geprägt ist. Frey nutzt die metaphorische Kraft der Unsichtbarkeit, um die Themen Entfremdung, Selbstverwirklichung und die Schwierigkeiten des individuellen Lebens in einer kollektiven Gesellschaft zu untersuchen. Die philosophischen Fragen, die in diesem Werk aufgeworfen werden, sind ebenso universell wie aktuell und betreffen den Leser auf einer tiefen, existenziellen Ebene.
Die Erzählweise von Frey ist sowohl spannend als auch introspektiv. Der Autor gelingt es, die innere Zerrissenheit des Protagonisten und die komplexen emotionalen und moralischen Konflikte, mit denen er konfrontiert wird, auf meisterhafte Weise darzustellen. Durch die Konfrontation mit dem Thema der Unsichtbarkeit wird das Werk zu einer Reflexion über den menschlichen Wunsch nach Anerkennung und die Bedeutung der sozialen Beziehungen in einer isolierten Welt.
"Solneman der Unsichtbare" ist nicht nur eine packende Geschichte über einen Außenseiter, sondern auch ein philosophisches Werk, das tief in die menschliche Natur eindringt und Fragen zu Identität, Sichtbarkeit und dem Wert der Gemeinschaft aufwirft. Es ist ein Buch, das sich sowohl für Leser eignet, die sich für die komplexen Aspekte der menschlichen Existenz interessieren, als auch für jene, die ein unkonventionelles Abenteuer suchen, das weit über die traditionellen Grenzen hinausgeht.
Albert Camus: Die Pest
Originaltitel: La Peste
Autor: Albert Camus, französischer Schriftsteller, Philosoph und Religionskritiker
"Die Pest" ist eines der bedeutendsten Werke des französischen Existenzialisten Albert Camus, das 1947 veröffentlicht wurde. Es ist eine philosophische und zugleich fesselnde Erzählung, die in einer algerischen Küstenstadt spielt, die von einer verheerenden Pestepidemie heimgesucht wird. Camus nutzt die Krankheit als Metapher für die menschliche Existenz, das Leiden und die Auseinandersetzung mit dem Sinn des Lebens.
Die Geschichte folgt verschiedenen Charakteren, die sich auf unterschiedliche Weise mit der Pest und ihren Auswirkungen auseinandersetzen. Der Hauptprotagonist, Dr. Rieux, ist ein Arzt, der mit unermüdlichem Einsatz gegen die Krankheit kämpft. Doch während die Epidemie die Stadt und ihre Bewohner in einen Zustand der Isolation und Verzweiflung stürzt, werden auch tiefere philosophische Fragen aufgeworfen: Wie begegnet der Mensch dem absurden, willkürlichen Leid, das das Leben prägt? Welche Verantwortung hat der Einzelne in einer solchen Krise, und wie kann er mit der allgegenwärtigen Angst und dem Tod umgehen?
"Die Pest" ist weit mehr als eine Erzählung über eine Seuche. Camus verwendet die Epidemie als Symbol für das existenzielle Leiden und die Absurdität der menschlichen Existenz, die im Angesicht des Todes und der Sinnlosigkeit des Lebens immer wieder zur Frage nach dem Sinn des Daseins führt. In einer Welt, die von Zufall und Chaos beherrscht wird, gibt es für Camus keine höhere Bedeutung oder göttliche Gerechtigkeit, sondern nur den eigenen Widerstand gegen das Unvermeidliche.
Die verschiedenen Figuren im Buch – von Dr. Rieux über den Journalisten Rambert bis hin zum Idealisten Tarrou – symbolisieren unterschiedliche Reaktionen auf das menschliche Leid. Jeder von ihnen muss seinen eigenen Weg finden, mit der Pest und dem Schrecken des Todes umzugehen, was die philosophische Tiefe des Werkes unterstreicht.
"Die Pest" ist ein herausforderndes und tiefgründiges Werk, das Fragen nach Freiheit, Verantwortung und der Bedeutung des Lebens in einer unbarmherzigen Welt aufwirft. Es ist ein Buch, das nicht nur im Kontext seiner Entstehungszeit, der Nachkriegszeit, sondern auch in der heutigen Zeit von großer Relevanz ist. Camus' präzise und eindrucksvolle Erzählweise, gepaart mit seinen existenzialistischen Gedanken, macht dieses Werk zu einer unverzichtbaren Lektüre für alle, die sich mit den großen Fragen des Lebens und des menschlichen Daseins auseinandersetzen möchten.
Halldór Laxness: Atomstation
Originaltitel: Atómstöðin
Autor: Halldór Laxness, isländischer Schriftsteller
"Atomstation" ist ein bedeutendes Werk des isländischen Schriftstellers Halldór Laxness, das 1948 veröffentlicht wurde und eine tiefgründige Auseinandersetzung mit der isländischen Gesellschaft, politischen Veränderungen und der Identität des Einzelnen in einer modernen Welt darstellt. Laxness, der 1955 mit dem Nobelpreis für Literatur ausgezeichnet wurde, verarbeitet in diesem Werk sowohl seine kritische Haltung gegenüber gesellschaftlichen Entwicklungen als auch seine scharfsinnige Beobachtung des menschlichen Verhaltens.
Die Geschichte folgt dem Protagonisten, einem jungen Mann, der als Ingenieur in der von den USA finanzierten "Atomstation" in Island arbeitet, die als Symbol für die moderne Technologie und den Einfluss ausländischer Mächte dient. Der Protagonist, der als Individuum in einem System lebt, das ihm fremd und unverständlich ist, kämpft mit seiner eigenen Identität und seinem Platz in einer Gesellschaft, die zunehmend von politischen und technologischen Veränderungen geprägt wird. Die Atomstation selbst wird zu einem Symbol für die Kluft zwischen der modernen Welt und den traditionellen Werten Islands.
"Atomstation" ist sowohl eine Gesellschaftskritik als auch eine tiefgründige psychologische Erzählung. Laxness nutzt das Werk, um die Auswirkungen des modernen Lebens auf den Einzelnen zu beleuchten, insbesondere die Entfremdung und Isolation, die mit dem Fortschritt und der Industrialisierung einhergehen. Der junge Ingenieur wird von seiner Umgebung entfremdet und muss sich mit seiner persönlichen Enttäuschung und den moralischen Dilemmata auseinandersetzen, die sich aus seiner Arbeit an der Atomstation ergeben.
Laxness beschreibt in "Atomstation" mit seiner typischen Mischung aus Satire und Ernsthaftigkeit die Konflikte, die durch die Einführung neuer Technologien in eine traditionell geprägte Gesellschaft entstehen. Er beleuchtet die politischen, sozialen und kulturellen Spannungen, die die Isländer im Angesicht der globalen Veränderungen durch den Zweiten Weltkrieg und die Auswirkungen des Kalten Krieges erlebten.
Das Werk ist ein faszinierender Spiegel der isländischen Gesellschaft nach dem Krieg und bietet zugleich tiefgehende philosophische Reflexionen über den Fortschritt, die Freiheit des Einzelnen und die Verantwortung, die mit der Entwicklung neuer Technologien verbunden ist. "Atomstation" ist ein meisterhaft erzähltes, vielschichtiges Werk, das sowohl für Literaturfreunde als auch für Leser, die sich mit politischen und gesellschaftlichen Fragestellungen beschäftigen, von großem Interesse ist. Laxness' prägnante Sprache und seine Fähigkeit, komplexe Themen auf eine fesselnde Weise zu behandeln, machen dieses Buch zu einem unverzichtbaren Teil der modernen Literatur.
Marlen Haushofer: Die Wand
Autorin: Marlen Haushofer, österreichische Schriftstellerin
"Die Wand" ist ein herausragendes Werk der österreichischen Literatur, das 1963 veröffentlicht wurde und eine eindringliche Auseinandersetzung mit Isolation, Selbstfindung und der menschlichen Existenz im Angesicht von extremen Umständen darstellt. Die Geschichte folgt einer namenlosen Protagonistin, die während eines Aufenthalts auf einer einsamen Berghütte von einer unsichtbaren Wand eingeschlossen wird, die sie von der restlichen Welt trennt.
Die Frau ist plötzlich völlig isoliert und muss sich allein durchschlagen. Ohne Kontakt zur Außenwelt bleibt ihr nur der Umgang mit den wenigen Menschen und Tieren, die sich innerhalb der „Wand“ befinden. Die Erzählung entfaltet sich als intime Reflexion der Protagonistin, die in der Einsamkeit nach dem Sinn ihres Daseins sucht und sich der Konfrontation mit ihren innersten Ängsten und Sehnsüchten stellt. Die Wand selbst wird zu einem Symbol für die Grenzen der menschlichen Erfahrung, das Unbekannte und die Ausweglosigkeit, aber auch für den inneren Raum der Selbstbegegnung und der Freiheit.
"Die Wand" ist ein tiefgründiges und zugleich beklemmendes Werk, das sich mit Fragen des Überlebens, der Selbstgenügsamkeit und der psychischen Belastung durch Isolation auseinandersetzt. Haushofer nutzt die scheinbar einfache Situation der eingeschlossenen Protagonistin, um über die menschliche Natur, die Bedeutung von Gemeinschaft und das Verhältnis zwischen Mensch und Natur nachzudenken. Die Geschichte ist sowohl ein psychologisches Drama als auch eine philosophische Betrachtung, die in der Reduktion auf das Wesentliche eine immense Tiefe erreicht.
Das Werk ist in seiner Mischung aus existenziellen Fragestellungen und einer poetischen, oft melancholischen Erzählweise einzigartig. Haushofer versteht es meisterhaft, die innere Welt der Protagonistin zu erschließen und die ständige Auseinandersetzung mit der eigenen Existenz und den Grenzen des Lebens darzustellen. "Die Wand" ist mehr als nur ein Roman über Isolation – es ist eine eindrucksvolle Studie über die Fähigkeit des Menschen, in extremen Umständen zu überleben und dennoch nach einem Sinn zu suchen.
Dieses Buch spricht vor allem Leser an, die sich mit existenziellen Themen, der Frage nach Identität und der Bedeutung des Lebens auseinandersetzen möchten. Es ist ein Werk, das zum Nachdenken anregt und in seiner psychologischen Tiefe und philosophischen Relevanz noch lange nach der Lektüre nachwirkt. Marlen Haushofer gelingt es, in "Die Wand" eine dichte Atmosphäre der Einsamkeit und Selbstreflexion zu schaffen, die den Leser in ihren Bann zieht.
Amanda Cross: Die letzte Analyse
Originaltitel: In the last Analysis
Autorin: Amanda Cross, US-amerikanische Schriftstellerin und Frauenrechtlerin
"Die letzte Analyse" ist ein faszinierender Kriminalroman, der tief in die Welt der akademischen Philosophie eintaucht und dabei die traditionellen Grenzen des Genres aufbricht. Die Autorin, die unter dem Pseudonym Amanda Cross schreibt, ist in Wirklichkeit Carolyn Heilbrun, eine angesehene Literaturwissenschaftlerin und Feministin. In diesem Werk kombiniert sie meisterhaft literarische Tiefe mit einem fesselnden Kriminalfall.
Die Geschichte folgt der Protagonistin Kate Fansler, einer Professorin für Literatur an einer Universität in New York. Fansler wird in einen mysteriösen Mordfall verwickelt, als die junge Kollegin der Universität, ein talentierte Studentin, unter rätselhaften Umständen ums Leben kommt. Fansler, die sowohl scharfsinnig als auch unerschrocken ist, begibt sich auf eine Detektivreise, um das Geheimnis hinter dem Tod der Studentin zu lüften. Dabei muss sie nicht nur mit den typischen Rätseln eines Mordfalls umgehen, sondern auch mit den komplexen politischen und sozialen Dynamiken, die in der akademischen Welt herrschen.
Was "Die letzte Analyse" von anderen Krimis unterscheidet, ist die Art und Weise, wie Heilbrun das Genre mit intellektuellen, feministischen und sozialen Themen vermischt. Die Charaktere sind tiefgründig und vielschichtig, und der Roman geht über das bloße Lösen eines Mordes hinaus, indem er die Machtstrukturen und die verborgenen Konflikte innerhalb einer akademischen Gemeinschaft beleuchtet. Fansler ist eine starke, eigenständige Frau, deren Blick auf die Welt sowohl analytisch als auch reflektiert ist. Sie stellt sich nicht nur den äußeren, sondern auch den inneren Herausforderungen, die im Verlauf der Ermittlungen auftauchen.
Ein weiteres bemerkenswertes Element des Buches ist die Art und Weise, wie Heilbrun philosophische und literarische Fragen in den Kriminalfall einfließen lässt. Die Erzählung ist geprägt von Zitaten und Anspielungen auf bedeutende Denker und Werke, was dem Buch eine zusätzliche intellektuelle Dimension verleiht. Gleichzeitig bleibt es jedoch spannend und zugänglich, was es zu einem fesselnden Leseerlebnis macht.
"Die letzte Analyse" ist für Leser geeignet, die sowohl an gut konstruierten Kriminalgeschichten als auch an komplexen, intellektuellen Themen interessiert sind. Der Roman kombiniert kluge Literaturkritik mit einem spannenden Mordfall und bietet so eine einzigartige Lektüre für alle, die mehr als nur ein gewöhnliches Krimierlebnis suchen. Es ist ein Buch, das die Leser nicht nur in die Lösung des Verbrechens einführt, sondern sie auch dazu anregt, über die sozialen und philosophischen Fragen nachzudenken, die in der Handlung angesprochen werden.
Ein spannender Krimi, der von Elke Heidenreich als unterhaltsam und von Denis Scheck als amüsantes Lesevergnügen gelobt wird.
Annie Ernaux: Das Ereignis
Originaltitel: L' événement
Autorin: Annie Ernaux, französische Schriftstellerin
"Das Ereignis" ist ein beeindruckendes und zutiefst persönliches Werk, das die französische Schriftstellerin Annie Ernaux zu einem bedeutenden Teil der modernen Literatur gemacht hat. In diesem autobiografischen Roman nimmt Ernaux die Lesenden mit auf eine emotionale und schonungslose Reise durch ihre eigenen Erfahrungen in den 1960er Jahren, als sie als junge Frau ungewollt schwanger wurde und sich mit der Frage konfrontiert sah, wie sie mit dieser Situation umgehen sollte.
Das zentrale Thema von "Das Ereignis" ist der Umgang mit Abtreibung in einer Zeit, in der sie in Frankreich noch illegal war. Ernaux schildert in kraftvollen, klaren und ungeschönten Worten ihre Erlebnisse mit der Schwangerschaft und den persönlichen, physischen sowie gesellschaftlichen Kämpfen, die sie durchlebte, um einen Weg zu finden, die Schwangerschaft zu beenden. Die Erzählung ist gleichzeitig eine Reflexion über den gesellschaftlichen Druck, die moralischen Normen und die Perspektiven auf den Körper von Frauen. Sie geht dabei über eine bloße persönliche Erzählung hinaus und verwebt diese mit gesellschaftlichen, kulturellen und politischen Themen, die die Situation der Frauen jener Zeit prägen.
Ernaux’ Stil ist direkt und emotional, wobei sie mit einer nüchternen Genauigkeit das intime und schmerzhafte Erlebnis eines entscheidenden Moments ihres Lebens dokumentiert. "Das Ereignis" ist mehr als eine individuelle Geschichte – es ist eine Analyse der gesellschaftlichen Normen und der Reaktionen der Gesellschaft auf das Leben einer Frau, die gezwungen ist, ihre Autonomie über ihren eigenen Körper und ihre Zukunft zu verteidigen.
Ein weiteres bemerkenswertes Element dieses Werkes ist die Frage nach der Erinnerung und der subjektiven Wahrnehmung von Ereignissen. Ernaux arbeitet mit einer Mischung aus persönlichen Erinnerungen und der kritischen Analyse ihrer eigenen Vergangenheit, was das Buch zu einer kraftvollen und tiefgründigen Untersuchung von Identität, Erinnerung und den Veränderungen der Gesellschaft macht.
"Das Ereignis" ist ein Buch, das sowohl auf persönlicher als auch auf gesellschaftlicher Ebene zu tiefem Nachdenken anregt. Es bietet einen einzigartigen Einblick in die feministische Perspektive auf Körperpolitik, Autonomie und die Geschichte der Frauenrechte. Ernaux gelingt es, mit einer Mischung aus Schärfe und Sensibilität die Komplexität von Entscheidungen zu zeigen, die Frauen unter extremen Umständen treffen müssen, und macht das Werk zu einem wichtigen Beitrag zur Literatur über die Rechte von Frauen und die Auseinandersetzung mit der eigenen Existenz.
Das Buch richtet sich an Leser, die sich mit gesellschaftlichen, feministischen und autobiografischen Themen auseinandersetzen möchten, und bietet einen bewegenden und nachdenklich stimmenden Zugang zu einem der zentralen politischen und persönlichen Themen unserer Zeit.
Cormac McCarthy: Die Straße
Originaltitel: The Road
Autor: Cormac McCarthy, US-amerikanischer Schriftsteller
"Die Straße" ist ein eindringlicher und zutiefst bewegender Roman, der eine düstere Zukunft in einer post-apokalyptischen Welt beschreibt. McCarthy, bekannt für seinen minimalistischen und poetischen Schreibstil, entführt die Leser in eine Welt, in der das Überleben die einzige Wahrheit ist und jegliche gesellschaftliche Struktur zusammengebrochen ist. In dieser trostlosen Landschaft folgt die Erzählung einem namenlosen Vater und seinem jungen Sohn, die sich durch eine Welt aus Asche, Ruinen und Verzweiflung schlagen.
Der Roman beschreibt die Reise des Vaters und des Sohnes, die auf der Suche nach Nahrung, Schutz und einem sicheren Ort sind, während sie sich gegen die stetige Bedrohung durch andere Überlebende und die immer weiter schwindende Hoffnung stellen müssen. Der Vater, der alles tut, um seinen Sohn zu schützen, versucht ihm Werte und Hoffnung zu vermitteln, während die Welt um sie herum zunehmend feindlicher wird. Die Beziehung zwischen den beiden ist das Herzstück des Buches und wird von McCarthy mit einer unerschütterlichen Liebe und Fürsorge geschildert, die dennoch von der unvermeidlichen Dunkelheit ihrer Umgebung geprägt ist.
"Die Straße" ist ein tiefgründiges Werk über die menschliche Existenz, den Überlebenswillen und die Bedeutung von Hoffnung in einer Welt, die jede Hoffnung zu zertrümmern scheint. McCarthy verzichtet weitgehend auf erklärende Erzähltexte und lässt die extrem reduzierten Dialoge zwischen Vater und Sohn sowie die kargen Landschaftsbeschreibungen für sich sprechen. Diese nüchterne und eindrucksvolle Erzählweise verstärkt das Gefühl von Verlorenheit und Hoffnungslosigkeit, das den Roman durchzieht.
Trotz der bedrückenden Thematik geht es in "Die Straße" auch um Liebe, Opfer und die unerschütterliche Bindung zwischen Vater und Sohn. Es ist ein Werk, das die Frage aufwirft, was es bedeutet, Mensch zu sein, und was im Angesicht der Vernichtung noch zählt. McCarthy stellt die Existenz des Einzelnen in einer zerstörten Welt infrage und zeigt, wie tief die Verbindung zwischen Menschen gehen kann, wenn alles andere verloren ist.
Der Roman bietet keine leichten Antworten, sondern fordert die Leser zu einer Reflexion über das Überleben, die moralischen Entscheidungen in extremen Umständen und die Resilienz des menschlichen Geistes heraus. "Die Straße" ist ein erschütterndes und meisterhaft geschriebenes Werk, das sowohl auf emotionaler als auch auf philosophischer Ebene lange nach dem Lesen nachhallt. Es ist eine Lektüre für alle, die sich mit den dunklen Seiten der menschlichen Existenz und der Bedeutung von Familie, Verantwortung und Hoffnung auseinandersetzen möchten.
Hanya Yanagihara: Ein wenig Leben
Originaltitel: A Little Life, a Novel
Autorin: Hanya Yanagihara, US-amerikanische Journalistin und Schriftstellerin
"Ein wenig Leben" ist ein literarisches Meisterwerk, das sowohl emotional als auch intellektuell herausfordert. Der 2015 erschienene Roman erzählt die Geschichte von vier Freunden – Jude, JB, Malcolm und Willem – die sich während ihres Studiums in New York kennenlernen und deren Leben sich über mehrere Jahrzehnten hinweg entfaltet. Was zunächst wie die Erzählung über eine Gruppe von jungen, aufstrebenden Künstlern und deren persönliche und berufliche Entwicklung beginnt, entpuppt sich rasch als eine tiefgründige und komplexe Erkundung von Trauma, Freundschaft, Liebe und den Schatten der Vergangenheit.
Im Mittelpunkt des Romans steht Jude, ein zurückhaltender und geheimnisvoller Mann, dessen unvorstellbare Leiden und die tief verwurzelten Narben aus seiner Vergangenheit sich langsam offenbaren. Yanagihara zeichnet ein unglaublich intensives Bild von Judes Leben, das von schrecklichen Erlebnissen in seiner Kindheit und Jugend geprägt ist. Diese Erfahrungen, die weit über das hinausgehen, was die meisten Menschen sich vorstellen können, verfolgen ihn bis in sein Erwachsenenalter und bestimmen jede seiner Beziehungen und seine Fähigkeit, Liebe zu empfangen oder zu geben.
Was "Ein wenig Leben" so außergewöhnlich und zugleich erschütternd macht, ist die Art und Weise, wie Yanagihara die psychologische Tiefe ihrer Charaktere auslotet. Sie lässt die Leser in Judes innerstes Wesen eintauchen, indem sie uns sein Leben durch die Augen seiner Freunde zeigt, die von seiner Zerrissenheit und seinem Schmerz oft genauso überwältigt sind wie wir. Die Freundschaften und Beziehungen, die sich zwischen den vier Protagonisten entwickeln, sind dabei von großer Bedeutung. Sie bieten einen Kontrast zu Judes tragischem und von unermesslichem Schmerz geprägtem Leben und unterstreichen die Bedeutung von Fürsorge und bedingungsloser Liebe.
Trotz der oft düsteren und tragischen Themen – darunter Missbrauch, Selbstverletzung, psychische Gesundheit und die Frage nach der Fähigkeit zu heilen – vermittelt "Ein wenig Leben" auch eine kraftvolle Botschaft über die Stärke der Freundschaft und die Bedeutung des Ertragens. Die Charaktere kämpfen gegen ihre eigenen Dämonen, doch ihre Bindung zueinander gibt ihnen die Kraft, weiterzumachen, auch wenn es schier unmöglich erscheint.
Yanagihara verwendet in ihrem Werk eine eindrucksvolle Sprache, die sowohl lyrisch als auch schonungslos ist, um die Qualen und das Überleben zu schildern. Das Buch fordert den Leser zu einer tiefen Reflexion über die Themen Trauma, Überleben und die menschliche Fähigkeit zu heilen heraus. Auch wenn "Ein wenig Leben" kein leichtes Leseerlebnis ist, ist es ein Buch, das durch seine tiefgründigen, berührenden und bewegenden Charaktere und Themen einen bleibenden Eindruck hinterlässt.
Dieses Werk ist für alle, die sich mit komplexen psychologischen und emotionalen Themen auseinandersetzen möchten und bereit sind, sich auf die extremen Höhen und Tiefen menschlicher Existenz einzulassen. Es ist ein Buch, das die Fähigkeit hat, den Leser zu erschüttern, aber auch zu zeigen, wie selbst in den dunkelsten Zeiten eine Art von Licht gefunden werden kann – sei es durch die Stärke der menschlichen Verbindung oder die unerschütterliche Hoffnung auf Heilung.
Für Denis Scheck "eines der aufwühlendsten Bücher".
Daniel Kehlmann: Tyll
Autor: Daniel Kehlmann, deutsch-österreichischer Schriftsteller
"Tyll" ist ein facettenreiches und faszinierendes Werk, das die Geschichte des legendären Narren Tyll Ulenspiegel in eine bewegte historische Epoche einbettet. Kehlmann, bekannt für seine fesselnde Erzählkunst und präzise Charakterzeichnung, entführt die Leser in das Europa des 17. Jahrhunderts, eine Zeit des Krieges, der Verwirrung und des Umbruchs. Der Roman ist nicht nur eine literarische Auseinandersetzung mit der historischen Figur Tyll, sondern auch ein meisterhaftes Porträt einer Zeit, die von politischen und religiösen Konflikten geprägt ist.
Tyll Ulenspiegel, der in der Geschichte als schlaue und oft schelmische Figur auftaucht, wird von Kehlmann als eine komplexe, vielschichtige Persönlichkeit dargestellt. Der Erzähler folgt Tyll auf seiner Reise durch ein von Kriegen und sozialen Umwälzungen erschüttertes Europa. Tyll ist ein Mensch, der mit seiner Fähigkeit zu täuschen, zu verbergen und zu überleben, oft in den Schattierungen von Gut und Böse balanciert. Seine Reisen und die Begegnungen mit wichtigen historischen Persönlichkeiten, wie etwa den berühmten Wissenschaftlern oder den machthungrigen Politikern der Zeit, bieten eine interessante Perspektive auf die damalige Welt und die Konflikte, die sie prägten.
Kehlmann gelingt es, die Leichtigkeit und den Humor seines Hauptcharakters beizubehalten, während er gleichzeitig die düsteren und ernsten Themen des Dreißigjährigen Krieges, der Pest und der religiösen Intoleranz aufgreift. Diese Mischung aus Satire und tiefgreifender Reflexion ist eines der hervorstechendsten Merkmale von "Tyll". Der Roman bewegt sich geschickt zwischen Komik und Tragik und stellt dabei zentrale Fragen zur menschlichen Natur, zur Macht von Geschichten und zur Bedeutung von Wahrhaftigkeit und Täuschung in einer chaotischen Welt.
Was den Roman besonders auszeichnet, ist Kehlmanns Fähigkeit, historische Ereignisse und die Entwicklung seiner Charaktere miteinander zu verweben, ohne dabei in trockene Historizität oder oberflächliche Erzählweisen abzurutschen. Die Figuren sind lebendig, ihre Dialoge sind scharf und treffend, und die Struktur des Romans erlaubt es, immer tiefer in die Welt von Tyll einzutauchen. Besonders die Erzählweise, die sowohl in der Ich-Form als auch aus einer externen Perspektive erfolgt, schafft eine Vielschichtigkeit, die den Leser immer wieder überrascht und in den Bann zieht.
"Tyll" ist ein bemerkenswertes Werk für alle, die historische Romane mögen, die nicht nur als Unterhaltung dienen, sondern auch tiefere philosophische und gesellschaftliche Fragestellungen aufwerfen. Kehlmann gelingt es, Geschichte lebendig zu machen, indem er sie durch die Augen einer ebenso faszinierenden wie schattenhaften Figur betrachtet. Dieses Buch bietet eine erfrischende Perspektive auf das Mittelalter und das frühe moderne Europa und ist gleichzeitig ein aufregendes literarisches Abenteuer, das weit über die Grenzen eines klassischen historischen Romans hinausgeht.
Literaturkritiker Denis Scheck sagte im Jahr 2017, dem Erscheinungsjahr des Romans: "Wenn Sie in diesem Jahr nur ein Buch lesen: Lesen Sie dieses!"
E.O. Chirovici: Das Buch der Spiegel
Originaltitel: The Book of Mirrors
Autor: E.O. Chirovici, rumänischer Ökonom, Schriftsteller und Journalist
Ein fesselnder Thriller, der mit seiner komplexen Struktur und überraschenden Wendungen den Leser in den Bann zieht. Der 2017 erschienene Roman kombiniert meisterhaft Elemente von Kriminalgeschichten, psychologischen Dramen und literarischen Reflexionen über Wahrheit und Wahrnehmung. Der Autor lässt den Leser in die tiefsten Abgründe der menschlichen Psyche eintauchen und konfrontiert ihn mit der Frage, wie Wahrheiten und Lügen unsere Welt formen.
Der Roman beginnt mit einem scheinbar einfachen Mordfall: Der weltberühmte Schriftsteller Richard Flynn wird tot in seinem Büro aufgefunden, und das Ermittlerteam, das den Fall übernimmt, wird von einer Reihe rätselhafter Informationen und widersprüchlicher Zeugenaussagen auf die Probe gestellt. Doch anstatt sich auf das klassische Ermittlungsverfahren zu stützen, entfaltet Chirovici die Geschichte in Form mehrerer Perspektiven, die der Leser im Laufe des Romans Stück für Stück zusammenfügt. Jede Perspektive – die von einem ehemaligen Ermittler, einem Verleger und einer Journalistin – gibt neue Einblicke in die Ereignisse, doch keine von ihnen führt zu einer eindeutigen Lösung.
Was "Das Buch der Spiegel" von anderen Thrillern unterscheidet, ist die subtile Auseinandersetzung mit dem Thema Erinnerung und subjektive Wahrnehmung. In jedem Kapitel wird deutlich, dass niemand die vollständige Wahrheit kennt. Jeder Erzähler hat seine eigene Version der Ereignisse, und diese Versionen sind von persönlichen Vorurteilen, falschen Erinnerungen und unbewussten Verzerrungen geprägt. So entsteht ein vielschichtiges Bild der Ereignisse, bei dem die Frage, was wirklich passiert ist, immer weiter in den Hintergrund rückt und das Buch zu einem Spiel mit der Wahrheit wird.
Die Spannung im Roman wird nicht nur durch die Jagd nach dem Mörder erzeugt, sondern auch durch die psychologischen und emotionalen Konflikte, die jeder der Erzähler mit sich selbst und mit der Vergangenheit hat. "Das Buch der Spiegel" ist ein tiefgründiger und komplexer Thriller, der den Leser dazu anregt, über die Natur der Wahrheit, des Gedächtnisses und der persönlichen Wahrnehmung nachzudenken. Chirovici fordert uns heraus, die scheinbar objektiven Fakten zu hinterfragen und die Lücken in den Erzählungen zu erkennen, die die Wahrheit umso mysteriöser erscheinen lassen.
Für Fans von packenden Thrillern, die mehr bieten als nur eine einfache Jagd nach einem Täter, ist "Das Buch der Spiegel" ein absoluter Lesetipp. Es ist ein Buch, das den Leser nicht nur durch seine aufregende Handlung fesselt, sondern auch durch die tiefgehenden Fragen zur menschlichen Wahrnehmung und Erinnerung, die es aufwirft.
Michel Houellebecq: Serotonin
Originaltitel: Sérotonine
Autor: Michel Houellebecq, französischer Schriftsteller
Ein provokanter und tiefgründiger Roman, der die schmerzhaften Realitäten der modernen Gesellschaft und des menschlichen Daseins in den Mittelpunkt stellt. Der 2019 erschienene Roman des französischen Autors Michel Houellebecq ist ein Meisterwerk des literarischen Realismus, das den Leser sowohl intellektuell herausfordert als auch emotional mitnimmt. Durch die Augen des Hauptcharakters, des desillusionierten Agrarökonomen Florent-Claude Labrouste, wirft Houellebecq einen scharfsinnigen Blick auf die Ängste, die Entfremdung und die Einsamkeit, die die westliche Gesellschaft prägen.
Die Geschichte folgt Florent-Claude, einem Mann in seinen späten Vierzigern, der in einer tiefen persönlichen und beruflichen Krise steckt. Er hat seine Frau verloren, seine berufliche Existenz ist bedeutungslos geworden, und er fühlt sich in einer Welt der Konsumgesellschaft, des Kapitalismus und der sozialen Isolation vollständig entfremdet. Angetrieben von einer tiefen Depression, begibt sich Florent-Claude auf eine Reise durch Frankreich, um sich mit seiner Vergangenheit und den Versäumnissen seines Lebens auseinanderzusetzen. Dabei reflektiert er über Themen wie den Zerfall zwischenmenschlicher Beziehungen, das Scheitern von Idealen und die Unmöglichkeit eines erfüllten Lebens in einer zunehmend entmenschlichten Welt.
Ein zentrales Thema des Romans ist die Bedeutung von "Serotonin", dem Neurotransmitter, der in der modernen Welt zu einem Symbol für die Unfähigkeit wird, wahres Glück zu erleben. Florent-Claude nimmt Antidepressiva, um mit seiner depressiven Stimmung und den existenziellen Qualen umzugehen, doch das Medikament ist für ihn nur ein oberflächlicher Versuch, der tief verwurzelten Leere zu entkommen. Der Roman lässt den Leser über die Auswirkungen der pharmazeutischen Industrie auf die Gesellschaft und die Menschen nachdenken, die zwischen oberflächlichem Wohlstand und innerer Leere hin- und hergerissen sind.
Wie in vielen seiner Werke, zeichnet Houellebecq auch in "Serotonin" ein düsteres Bild der westlichen Welt, die von Entfremdung, Konsum und einer zunehmenden Zersetzung von sozialen Bindungen geprägt ist. Doch trotz der oft pessimistischen Perspektive bleibt der Roman auch ein beeindruckendes literarisches Experiment, das Fragen über den Zustand der modernen Gesellschaft aufwirft und die Verwirrung und den Schmerz des Individuums in einer Welt der Orientierungslosigkeit und Krise thematisiert.
"Serotonin" ist ein faszinierendes, anspruchsvolles Werk für all diejenigen, die sich mit den dunklen Seiten der modernen Existenz auseinandersetzen möchten. Es ist eine zutiefst kritische und gleichzeitig eindringliche Auseinandersetzung mit der Frage, wie der Mensch in einer entmenschlichten, von Kommerz und Entfremdung geprägten Welt überleben kann – oder eben scheitert. Houellebecq bleibt mit diesem Werk ein wichtiger Stimme in der modernen Literatur, die auf die Risse in der Gesellschaft und im menschlichen Herzen hinweist.
Bernardine Evaristo: Mädchen, Frau etc.
Originaltitel: Girl, Woman, Other
Autorin: Bernardine Evaristo, britische Schriftstellerin
Ein facettenreicher und kraftvoller Roman, der die Lebenserfahrungen von zwölf verschiedenen Frauen über mehrere Jahrzehnten hinweg nachzeichnet. Die 2019 erschienene Geschichte, die sowohl von sozialer Vielfalt als auch von komplexen Identitätsfragen geprägt ist, bietet einen tiefgehenden Blick auf das Leben von schwarzen britischen Frauen in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts und darüber hinaus. Die Autorin Bernardine Evaristo, die 2019 mit diesem Werk den Booker Prize gewann, schafft es, eine Vielzahl von Stimmen und Perspektiven zu einer zusammenhängenden und packenden Erzählung zu verweben.
Der Roman besteht aus einer Reihe von miteinander verflochtenen Erzählungen, die jeweils aus der Perspektive einer der Frauen erzählt werden. Diese Frauen sind sehr unterschiedlich: Sie kommen aus verschiedenen sozialen Schichten, haben verschiedene berufliche Hintergründe und stehen in unterschiedlichen Phasen ihres Lebens. Doch allen gemein ist die Tatsache, dass sie sich mit Herausforderungen rund um ihre Identität, ihre Rolle als Frauen in einer patriarchalen Gesellschaft, ihre ethnische Zugehörigkeit und die Wechselwirkungen zwischen Kultur und Gesellschaft auseinandersetzen müssen. Die einzelnen Kapitel sind teils intim und persönlich, teils politisch und gesellschaftlich engagiert, und sie eröffnen dem Leser eine spannende, vielschichtige Sicht auf die britische Gesellschaft.
Ein zentrales Thema des Romans ist die Frage nach dem Platz der Frau in der Gesellschaft – vor allem der schwarzen Frau in Großbritannien, die oft mit Vorurteilen, Rassismus und sozialer Benachteiligung konfrontiert ist. Evaristo untersucht die Geschichte von Frauen, die sich in einer von Männern dominierten Welt behaupten müssen, und zeigt auf, wie ihre Erfahrungen von Liebe, Freundschaft, Verlust, Sexualität und Identität immer wieder neu definiert werden. Sie thematisiert nicht nur die persönlichen Kämpfe der Protagonistinnen, sondern auch die sozialen und politischen Kämpfe, die mit ihren Identitäten verbunden sind.
"Mädchen, Frau etc." ist jedoch nicht nur ein Buch über Rassismus oder Geschlechterrollen, sondern auch ein leidenschaftliches Plädoyer für Selbstbestimmung, Freiheit und die Möglichkeit, den eigenen Weg zu gehen. Es geht um die Entfaltung der eigenen Persönlichkeit, um die Mut und Entschlossenheit, gegen gesellschaftliche Normen und Erwartungen anzukämpfen. Es ist ein beeindruckendes Panorama von Leben, das nicht nur für Frauen, sondern für alle Leser von Bedeutung ist, die an der Komplexität von Identität und der Vielfalt menschlicher Erfahrung interessiert sind.
Evaristos Stil ist lebendig und kraftvoll, und sie schafft es, tief in die inneren Konflikte ihrer Charaktere einzutauchen, ohne je in Klischees oder Oberflächlichkeiten zu verfallen. "Mädchen, Frau etc." ist ein faszinierendes, poetisches und oft tief berührendes Werk, das die Vielfalt des weiblichen Lebens feiert und gleichzeitig die sozialen und politischen Strukturen hinterfragt, die oft versuchen, Frauen in Schubladen zu stecken.
Für Leser, die sich für feministische Literatur, soziale Gerechtigkeit und die Entfaltung individueller Geschichten interessieren, ist "Mädchen, Frau etc." ein unverzichtbares Werk, das den Leser nicht nur intellektuell fordert, sondern auch emotional packt und lange nach der Lektüre nachklingt.
Laurent Binet: Eroberung
Originaltitel: Civilizations
Autor: Laurent Binet, französischer Schriftsteller
"Eroberung" ist ein faszinierendes literarisches Experiment, das die Geschichte einer alternativen Realität entfaltet. Der französische Autor Laurent Binet, bekannt für seine spielerische und oft ironische Herangehensweise an historische Themen, präsentiert in diesem Werk eine umstrittene "Was wäre, wenn?"-Erzählung. Der Roman beschäftigt sich mit einem zentralen Ereignis der französischen Geschichte: der Eroberung von Mexiko im 16. Jahrhundert. Doch in Binet's Version der Geschichte verläuft alles anders als in der Realität.
Das Buch setzt sich mit dem Aufeinandertreffen der spanischen Eroberer, angeführt von Hernán Cortés, und den aztekischen Völkern im Jahr 1519 auseinander. Doch Binet dreht den Spieß um und lässt einen alternativen Verlauf der Geschichte zu, bei dem die Azteken den Spaniern nicht nur Widerstand leisten, sondern die Eroberer selbst besiegen. Der Roman entfaltet sich als ein faszinierendes Spiel zwischen historischer Genauigkeit und spekulativer Fiktion, wobei Binet geschickt Elemente der wahren Geschichte und der Spekulation miteinander vermischt.
Der Autor lässt den Leser in die Perspektiven der verschiedenen historischen Akteure eintauchen und gewährt so einen differenzierten Blick auf die kulturellen, politischen und ideologischen Konflikte, die die Eroberung begleitet haben. Dabei zeigt Binet die vielfältigen Perspektiven und Herausforderungen auf, die sowohl die europäischen Eroberer als auch die indigenen Völker erlebten, und lässt die Ereignisse durch die Linse eines alternativen Ausgangs betrachten. Dies verleiht dem Werk nicht nur einen spielerischen Charakter, sondern öffnet auch neue Dimensionen der Reflexion über den Kolonialismus, Machtverhältnisse und die Frage, wie Geschichte wirklich hätte verlaufen können.
Die Mischung aus Fiktion, Geschichte und Binet's unverwechselbarem Erzählstil – der oft mit Humor und einer gewissen Leichtigkeit daherkommt – macht "Eroberung" zu einer besonderen Lektüre. Der Roman ist nicht nur eine alternative Geschichte, sondern auch eine scharfsinnige Reflexion über das, was uns Geschichte und Macht in der Gegenwart lehrt. Die Frage, wie Ereignisse hätten anders verlaufen können, wird hier mit einer fast spielerischen Ernsthaftigkeit behandelt, die den Leser sowohl unterhält als auch zum Nachdenken anregt.
"Eroberung" ist ein Werk für all jene, die an der Verzahnung von Geschichte und Fiktion interessiert sind, die Lust auf innovative Erzählformen haben und ein neues Verständnis für das, was wir als "Geschichte" begreifen, entwickeln möchten. Es ist ein faszinierendes und herausforderndes Werk, das die klassischen Grenzen der historischen Erzählung aufbricht und den Leser dazu einlädt, die Möglichkeiten der Vergangenheit in einem völlig neuen Licht zu sehen.
Joachim B. Schmidt: Kalmann
Autor: Joachim B. Schmidt, isländischer Journalist und Schriftsteller Schweizer Herkunft
Der 33-jährige, stark zurückgebliebene, gutmütig-naive und scheue Kalmann Odinsson lebt im Norden Islands in Raufarhöfn, einem kleinen und abgeschiedenen Ort. Seine alleinerziehende Mutter hatte wenig Zeit für ihn, aber sein Großvater hat ihm vieles beigebracht. Von seinem amerikanischen Vater bekam er immerhin einige Dinge geschenkt, u.a. einen Cowboyhut und Sheriffstern. Zum Dorf-Sheriff fühlt er sich auch berufen, und so unternimmt er Streifzüge durch und um das Dorf, schaut nach dem Rechten und geht jagen. Als er eines Tages im Schnee eine Blutlache entdeckt, überschlagen sich die Ereignisse. Denn die Entdeckung wird mit dem Verschwinden eines Menschen in Verbindung gebracht, und dass Blut an Kalmanns Händen gefunden wird, wirft im Dorf Fragen auf. Es setzt sich eine Serie von Ereignissen in Gang, die man im Ort noch nie erlebt hat…
Für Literaturkritiker Denis Scheck ganz große Kriminalliteratur, sogar der Krimi des Jahres 2020.
Hervé Le Tellier: Die Anomalie
Originaltitel: L’anomalie
Autor: Hervé Le Tellier, französischer Schriftsteller
Höchstoriginelle und von Kritikern gefeierte Weltliteratur-Story über eine Boeing 787, die einen elektromagnetischen Wirbelsturm durchfliegt und danach zeitversetzt in zweifacher Ausführung in New York landet, wodurch die nun verdoppelten Passagiere mit sich selbst, ihren bislang gehüteten Geheimnissen und damit fundamentalen Fragen des Lebens konfrontiert werden.
Als bestes französischsprachiges Buch des Jahres 2020 mit dem renommierten Literaturpreis "Prix Goncourt" ausgezeichnet.
Benedict Wells: Hard Land
Autor: Benedict Wells, deutsch-schweizerischer Schriftsteller
In einem Kaff des Mittleren Westens der USA nimmt der 15-jährige Sam Mitte der 1980er Jahre einen Ferienjob an, um Problemen zu entfliehen, die ihm zu Hause das Leben schwer machen. Was dann folgt, erscheint wie ein wunderschöner spannender Traum. Er kann seine bisherige Außenseiterrolle abschütteln, knüpft Kontakte, verliebt sich und kommt Geheimnissen der Kleinstadt auf die Spur. Bis dann plötzlich ein Ereignis ihn dazu zwingt, mit einem Schlag erwachsen zu werden und diesen Sommer nie wieder zu vergessen.
Ein klug gestrickter Coming-of-Age-Roman mit einem sehnsüchtigen Blick zurück auf das Lebensgefühl der 80er Jahre und diese zauberhafte Sommerferienatmosphäre in der Jugend, der unterhaltsam-leicht sowie zugleich melancholisch und tiefsinnig daherkommt.
2022 mit dem "Deutschen Jugendliteraturpreis" ausgezeichnet.
Judith Hermann: Daheim
Autorin: Judith Hermann, deutsche Schriftstellerin
Existenzialistischer und feinfühliger Roman über eine Frau, die ihr altes Leben hinter sich lässt, ans Meer in den Norden zieht und dort eine andere wird und für sich eine neue Welt entstehen lässt.
Für den Kritiker Denis Scheck herausragend in der deutschen Gegenwartsliteratur. Nominiert für den Preis der Leipziger Buchmesse 2021.
Jenny Erpenbeck: Kairos
Autorin: Jenny Erpenbeck, deutsche Schriftstellerin
Für Denis Scheck ein "mitreißender Roman über das Ausgesetztsein in der Liebe".
Für diesen Roman ist Jenny Erpenbeck als erste Deutsche überhaupt mit dem "International Booker Prize 2024" ausgezeichnet worden, einem der weltweit bedeutendsten Buchpreise.
Antje Rávik Strubel: Blaue Frau
Autorin: Antje Rávik Strubel, deutsche Schriftstellerin und Übersetzerin
Vielschichtiger, meisterhaft erzählter Roman mit vielen Handlungssträngen über den Selbstfindungsprozess einer jungen Frau aus Tschechien, die dem Trauma ihrer Vergewaltigung zu entkommen sucht und ungleiche Machtverhältnisse zwischen Männern und Frauen sowie Ost- und Westeuropa erlebt.
Ausgezeichnet mit dem Deutschen Buchpreis 2021.
Shida Bazyar: Drei Kameradinnen
Autorin: Shida Bazyar, deutsche Schriftstellerin
Wütender und aufwühlender Roman über aktuelle Identitätsdebatten anhand dreier Frauen, die ihrer gesellschaftlichen Ausgrenzung mit Selbstbehauptung durch Freundschaft und Zusammenhalt begegnen.
Nominiert für den Deutschen Buchpreis 2021.
Andrea Wulf: Fabelhafte Rebellen
Autorin: Andrea Wulf, deutsch-britische Kulturhistorikerin
Reich und schön bebildertes Sachbuch über jenen Kreis früher Romantiker, die gegen Ende der 1790er Jahre mit ihren Ideen vom freien Individuum eine radikale Revolution des Geistes entfachten, die bis heute tief in Kunst, Wissenschaft, Gesellschaft und Politik hineinwirkt.
Für den Literaturkritiker Denis Scheck eine gute Gelegenheit, durch die Lektüre dieses Titels die deutsche Geistesgeschichte zu entdecken und zudem noch unheimlich viel für das eigene Leben zu lernen.
Harald Jähner: Höhenrausch - Das kurze Leben zwischen den Kriegen
Autor: Harald Jähner, deutscher Journalist
Der Kulturjournalist Harald Jähner zeichnet in diesem lesenswerten Sachbuch das Bild einer in vielfacher Hinsicht pulsierenden deutschen Gesellschaft zwischen den beiden Weltkriegen, die selbst aus heutiger Sicht schon sehr frei, tolerant und modern war, womit sich jedoch auch viele Menschen nicht anfreunden konnten, wodurch große Spannungen entstanden und diese kurze Zeit unserer oft irritierend ähnlich erscheint.
Für die "Süddeutsche Zeitung" wurde das Jahrzehnt zwischen den Kriegen noch nie so gut und aufregend beschrieben, für die "Neue Zürcher Zeitung" liest sich das Sachbuch so spannend wie ein Roman, und für den Literaturkritiker Denis Scheck ist "Höhenrausch" schlicht ein Vergnügen von einem Buch.
Katharina Adler: Iglhaut
Autorin: Katharina Adler, deutsche Schriftstellerin
Ein lebensfroher Roman über die schlagfertige Schreinerin Iglhaut, die so eine Art Kummerkasten für ihren nachbarschaftlichen Mikrokosmos darstellt und deren sprachmächtig erzählte Geschichte das Transzendente im Alltäglichen aufleuchten lässt.
Der Literaturkritiker Denis Scheck bekennt, dass er selten dem Charme einer Romanfigur so verfallen ist.
Mariana Leky: Kummer aller Art
Autorin: Mariana Leky, deutsche Schriftstellerin
Von Liebeskummer bis zur Flugangst: Nach ihrem großen Erfolg mit dem Dorfroman "Was man von hier aus sehen kann" legt Mariana Leky nun in "Kummer aller Art" eine Reihe kluger und humorvoller Kurzgeschichten über problematische Lebenslagen verschiedener Menschen vor.
Für die "Frankfurter Rundschau" stellen die Kolumnen "begeisternde Minidramen" dar, jede einzelne sei "ein Treffer", und auch der Literaturkritiker Denis Scheck lobt das große Reservoir an Menschenkenntnis in ihnen.
Bonnie Garmus: Eine Frage der Chemie
Originaltitel: Lessons in Chemistry
Autorin: Bonnie Garmus, US-amerikanische Schriftstellerin
Elizabeth Zott möchte gerne eine wissenschaftliche Karriere als Chemikerin hinlegen. Doch dies bleibt ihr verwehrt, denn wir schreiben das Jahr 1961, und diverse Männer verbauen ihr zu dieser Zeit diesen Weg. Doch hiervon lässt sie sich nicht unterkriegen, und so startet sie kurzerhand eine Kochshow im Fernsehen. Während man(n) davon ausgeht, dass dies für sie angemessener sei und in der Sendung nur die üblichen Rezeptvorstellungen zu erwarten wären, belehrt Elizabeth alle eines Besseren. Denn für sie bedeutet Kochen die Veränderung von Zuständen, und dies ist nichts anderes als Chemie. Und so verblüfft die selbstbewusste und blitzgescheite Köchin alle Zuschauer mit ihrem "chemischen Blick" für das, was dort so alles in der Küche vor sich geht.
Ein sehr origineller, mit viel Witz und Tiefgang geschriebener Mega-Bestseller über Feminismus und Selbstbestimmung. Für den Kritiker Denis Scheck ein großer literarischer Spaß, und auch die Literaturexpertin Elke Heidenreich befindet, dass sie lange kein so unterhaltendes, witziges und kluges Buch gelesen habe.
Auszeichnungen und Preise: Lieblingsbuch unabhängiger Buchhandlungen 2022, Spiegel-Jahresbestseller 2022, British Book Awards Author of the Year 2023, Sunday Times Best Fiction Books of 2022, The New York Times 100 Notable Books of 2022, Barnes & Noble Book of the Year 2022, Waterstones Author of the Year 2022, Hay Festival Book of the Year 2022.
Judith Hermann: Wir hätten uns alles gesagt
Autorin: Judith Hermann, deutsche Schriftstellerin
Frankfurter Poetikvorlesungen, die nun als Buch mit drei Prosastücken erschienen sind und sich keinem klaren Genre zuordnen lassen, sondern diverse sehr persönliche Analysen über das Leben der Autorin und die Verbindung desselben zum Schreiben bieten.
Die Literaturkritikern Sigrid Löffler entdeckt hier sehr viel Klugheit und Poesie, und der Rezensent Denis Scheck bekundet nach der Lektüre, dass er ganz begeistert und hin und weg sei.
Teresa Präauer: Kochen im falschen Jahrhundert
Autorin: Teresa Präauer, österreichische Schriftstellerin
Ein brillantes Kammerspiel rund um eine Gruppe Mittvierziger bei einer Dinnerparty, die über gesellschaftliche Phänomene der Gegenwart diskutieren, während der Abend hierbei immer spannungsgeladener, komischer, tragischer und erotischer wird.
Der Literaturkritiker Ijoma Mangold lobt an diesem psychologischen Roman, dass mit hintergründigem Witz erzählt und eine sehr gute Gegenwartsbeobachtung abgeliefert wird, und auch der Kritiker Denis Scheck wünscht sich, dass dieser Titel extrem erfolgreich wird.
Rebecca F. Kuang: Babel
Autorin: Rebecca F. Kuang, amerikanische Schriftstellerin chinesischer Herkunft
Spektakuläre Bestseller-Fantasygeschichte über die Entscheidung, die ein ursprünglich chinesischer Student in London zwischen seinem Herkunftsland und dem sagenhaften britischen Empire treffen muss, und die dabei Themen rund um akademische Strukturen, Kolonialismus und die Magie der Sprache behandelt.
Für den Literaturkritiker Denis Scheck das Aufregendste im Fantasygenre seit Harry Potter.
Percival Everett: Die Bäume
Originaltitel: The Trees
Autor: Percival Everett, US-amerikanischer Schriftsteller
Meisterhafte Mischung aus Hardboiled-Thriller und Parodie rund um Morde mit einer vielsagenden Täter-Message, die im Städtchen Money in den US-Südstaaten beginnen, sich dann aber schließlich auf das ganze Land ausweiten.
Für den Literaturkritiker Denis Scheck ein glänzendes Buch, großer Literaturspaß. Auf der Shortlist für den Booker Preis 2022.
Daniel Kehlmann: Lichtspiel
Autor: Daniel Kehlmann, deutsch-österreichischer Schriftsteller
Brillanter Roman über die Verstrickungen von Leben, Kunst, Macht und Korruption, erzählt anhand der (teilweise fiktionalen) Geschichte des Filmregisseurs Georg Wilhelm Pabst, der in Hollywood scheiterte, sich dann aber mit den Nationalsozialisten arrangiert und von ihnen profitiert.
Für den Literatur-Experten Denis Scheck ist "Lichtspiel", ein Buch, das bleiben wird, ein regelrechter Geniestreich von einem Roman.
Gabriele von Arnim: Der Trost der Schönheit
Autorin: Gabriele von Arnim, deutsche Journalistin und Schriftstellerin
Eine tiefgründige persönliche Spurensuche nach Ausformungen und Auswirkungen des Schönen in der Welt, das uns zum Trost und existenziellen Antrieb werden kann.
Für den Literaturkritiker Denis Scheck eine sehr angenehme Bestseller-Überraschung.
Salman Rushdie: Victory City
Autor: Salman Rushdie, indisch-britischer Schriftsteller
Ein epischer Roman über Liebe, Religion, Macht und Freiheit, erzählt anhand der Geschichte von Pampa Kampana, einem neunjährigen Waisenmädchen, das im Südindien des 14. Jahrhunderts von einer Göttin auserkoren wird, die Verhältnisse der patriarchalen Gesellschaft zu ändern.
Für den Literaturexperten Denis Scheck eine extrem spannende, exotisch bunte Parabel über Machtmissbrauch.
Ursula K. Le Guin: Immer nach Hause
Originaltitel: Always Coming Home
Autorin: Ursula K. Le Guin, US-amerikanische Schriftstellerin
Iris Wolff: Lichtungen
Autorin: Iris Wolff, deutsche Schriftstellerin
Raffinierter und melancholischer Roman über eine Kindheit und Jugend in der kommunistischen Diktatur Rumäniens, politische Umbrüche, zeitlose Freundschaft sowie über existenzialistische Erfahrungen rund um Abschiede und das Ankommen.
Für Klaus Hübner vom "Münchner Feuilleton" eine achtsame, sprachtrunkene und tröstliche Geschichte. Der Kritiker Denis Scheck ist hier ganz angetan davon, wie es Iris Wolff gelingt, die Geschichte rückwärts zu erzählen. Im Februar auf Platz 2 der SPIEGEL-Bestsellerliste. Auf der Shortlist für den Deutschen Buchpreis 2024.
Gaea Schoeters: Trophäe
Originaltitel: Trofee
Autorin: Gaea Schoeters, flämische Schriftstellerin, Drehbuchautorin, Librettistin und Journalistin
Sprachgewaltiger, provokanter und preisgekrönter Roman rund um begeisterte Großwild-Jäger und die brisante Frage, was ein Menschenleben wert ist.
Für den deutschen Literaturkritiker Denis Scheck ein Mix aus Hemingway und Kafka, ein Roman, den man nicht vergisst.
Barbara Kingsolver: Demon Copperhead
Autorin: Barbara Kingsolver, US-amerikanische Schriftstellerin
Demon Copperhead wächst in Lee County in Virginia auf, inmitten einer ländlichen Umgebung und eines sozial abgehängten Milieus. Sein Vater ist bereits tot, seine Teenie-Mutter drogenabhängig. Es verwundert unter solchen Bedingungen nicht, dass auch Demon der Sucht verfällt, bevor er sich mühevoll wieder vom Stoff losreißen kann. Denn zumindest mit einem zähen Überlebenswillen hat das ansonsten sich unbarmherzig zeigende Leben ihn ausgestattet. Und so sucht er die deprimierenden "Startbedingungen" seines Lebens mit Optimismus und großer Entschlossenheit zu bezwingen.
Ein an Charles Dickens' "David Copperfield" angelehnter, wortgewaltig geschriebener und schmerzhaft-bewegender Millionen-Bestseller aus den USA. Ausgezeichnet mit dem Pulitzer-Preis und dem "Women’s Prize for Fiction 2023".
Für Denis Scheck großartige Literatur mit einem guten Blick für die Verfasstheit der Amerikaner, für die "Washington Post" der vielleicht beste Roman des Jahres, für die "New York Times" gehört der Titel sogar zu den 100 wichtigsten Büchern des 21. Jahrhunderts.
Percival Everett: James
Autor: Percival Everett, US-amerikanischer Schriftsteller
Originelle Neukonstruktion des großen US-Klassikers "Huckleberry Finn" von Mark Twain, in der wir die Abenteuergeschichte dieses Mal jedoch nicht aus der Perspektive von Huck, sondern aus der seines Begleiters, eines entflohenen schwarzen Sklaven miterleben. Trägt dieser im Original den Namen Jim, der eine Verkleinerungsform von James darstellt, und fällt durch eine ziemlich kindliche Sprache auf, so ist beides auch in der Neufassung der Fall. Doch hier tritt er nur nach außen als der einfache Jim auf, während er tatsächlich James heißt und sehr intelligent und gebildet ist, zum Eigenschutz jedoch den Dummen spielt, damit die Weißen nicht auf ihn aufmerksam werden. Und so durchleben die beiden Protagonisten die fesselnden Mississippi-Abenteuer, wobei es bei Everett öfter deutlich brutaler und thrillerhafter als in der Vorlage zugeht und auch das Finale nicht ganz so versöhnlich ausfällt.
Die intelligent-subversive und wendungsreiche Neuerzählung begeistert mit ihrer Art, sich mit Rassismus, dem amerikanischen Mythos, Widersprüchen der Aufklärung und dem berühmten Literaturklassiker auseinanderzusetzen. Für Literaturexperte Denis Scheck ist "James" ein kluges Sprachfeuerwerk und hat Weltliteratur-Niveau, für die Schriftstellerin Fatma Aydemir ist das Buch ein Meisterwerk, das alles auf den Kopf stellen wird, für die Kritikerin Elke Heidenreich ist es ein hochspannend zu lesender Abenteuerroman für Erwachsene, und auch Rezensent Felix Stephan von der "Süddeutschen Zeitung" rechnet hier mit Literaturpreisen.
Bücher von Denis Scheck
Schecks Kanon: Die 100 wichtigsten Werke der Weltliteratur
Denis Scheck stellt in seinem Buch "Schecks Kanon: Die 100 wichtigsten Werke der Weltliteratur" die Titel seiner Kanon-Liste übrigens auch selber detailliert vor. Auf gut 4-6 Seiten pro empfohlenem Buch schildert er darin gewohnt sachkundig und unterhaltsam den jeweiligen Inhalt sowie vieles rund um die Entstehungs- und Wirkungsgeschichte und sonstige wissenswerte Dinge über Werk und Autor(in).
Die gebundene Ausgabe dieser kleinen Literaturgeschichte kommt dabei in schöner Ausstattung mit Lesebändchen und vielen liebevollen Zeichnungen daher, die bestimmte Szenen der vorgestellten Bücher anschaulich werden lassen und die Lesefreude noch einmal zusätzlich steigern.
Ansehen bei:
Eine Übersicht über die in diesem Buch empfohlenen 100 Klassiker biete ich Ihnen in dieser Liste.
Denis Scheck: Schecks Bestsellerbibel
Autor: Denis Scheck, deutscher Literaturkritiker, Übersetzer und Journalist
Sein Urteil hat Gewicht: Denis Scheck gehört zu den renommiertesten Literaturexperten Deutschlands und nimmt regelmäßig die literarischen Neuerscheinungen kritisch unter die Lupe.
In seinem Werk "Schecks Kanon: Die 100 wichtigsten Werke der Weltliteratur" hat er hilfreiche Empfehlungen für Klassiker, die man gelesen haben sollte, abgeliefert. Da diese Liste zeitlich Titel vom 8. Jahrhundert v.Chr. bis 2010 umfasst, danach jedoch natürlich auch noch viele Bücher erschienen sind, die von Scheck ein Lob erhielten, habe ich für Sie auch noch die obige Übersicht mit neueren Buchtipps von ihm begonnen.
In seinem neuesten Buch "Schecks Bestsellerbibel" widmet sich der Kritiker nun der berühmten "SPIEGEL-Bestsellerliste" der letzten 20 Jahre. Hierbei schaut er sich "Schätze und Schund" dieser Rankings an und legt dem Leser dar, welche Titel verdient auf diesen Listen auftauchten und dem Leser zur Lektüre empfohlen seien, aber auch, welche gehypten Bücher man aus seiner Sicht getrost vergessen kann. Eine spannende literarische Zeitreise mit fachmännischen Beleuchtungen sehr bekannter Bücher der letzten zwei Jahrzehnte.
Ansehen bei: