DBAZ-Buchtipps 2025: Meine persönlichen Buchempfehlungen des Jahres
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Als Betreiber von DBAZ habe ich 2025 wieder sehr viele Bestsellerlisten, Literaturpreisträger bzw. entsprechende Long– und Short Lists, Buchempfehlungen renommierter Kritiker und Geheimtipps abseits des Mainstreams studiert, um aus den aus meiner Sicht lesenswertesten Titel die Jahres-Bestenliste 2025 zu erstellen.
Zum Jahresende möchte ich hier nun auch einmal meine ganz persönlichen Lese-Empfehlungen darbieten. Hierzu werde ich bis Ende Dezember meine Top 10 des Jahres vorstellen – "Must Read"-Bücher, die sich jeder Leser auf der Suche nach unterhaltsamer und lehrreicher Lektüre zumindest einmal anschauen sollte.
Von Marcel Behling
Meine "Must Read"-Bücherliste 2025
Wolf Haas: Wackelkontakt
Kurzinhalt von "Wackelkontakt"
Raffinierter Roman, der zwei miteinander verschränkte Lebensgeschichten zu einem spannungsvollen literarischen Verwirrspiel verknüpft.
Bibliografische Angaben
Autor: Wolf Haas, österreichischer Schriftsteller
Seitenzahl: 240 | ISBN: 978-3446282728 | Verlag: Carl Hanser Verlag GmbH & Co. KG
Über den Autor
Wolf Haas, geboren 1960 in Maria Alm (Salzburg), ist einer der bekanntesten und eigenwilligsten österreichischen Schriftsteller der Gegenwart. Berühmt wurde er vor allem durch seine kultigen Kriminalromane um den kauzigen Ex-Polizisten Simon Brenner, die sich durch schrägen Humor, sprachliche Originalität und eine unverwechselbare Erzählstimme auszeichnen.
Nach seinem Studium der Germanistik und Linguistik arbeitete Haas zunächst als Werbetexter und verfasste Beiträge für den ORF, bevor er mit „Auferstehung der Toten“ (1996) seinen literarischen Durchbruch feierte. Der Roman war der Auftakt zu einer erfolgreichen Krimireihe, die u. a. Titel wie „Komm, süßer Tod“, „Silentium!“, „Der Knochenmann“ und „Das ewige Leben“ umfasst – mehrere davon wurden mit Josef Hader in der Hauptrolle verfilmt.
Charakteristisch für Haas’ Stil ist sein spielerischer Umgang mit Sprache: Er schreibt im mündlichen Tonfall eines anonymen Erzählers, der sich direkt an die Leser wendet, voller Abschweifungen, Wortwitz und österreichischer Färbung. Dadurch hat Haas das deutschsprachige Krimigenre nachhaltig geprägt und auf unverwechselbare Weise ironisiert.
Neben den Brenner-Romanen veröffentlichte Wolf Haas auch andere Werke, darunter den melancholisch-witzigen Bestseller „Das Wetter vor 15 Jahren“ (2006), der fast ausschließlich aus einem fiktiven Interview besteht, sowie den Roman „Verteidigung der Missionarsstellung“ (2012), der erneut seine Lust am Sprachspiel zeigt.
Für sein Werk wurde Haas vielfach ausgezeichnet, u. a. mit dem Deutschen Krimipreis, dem Literaturpreis der Stadt Wien und dem Johann-Friedrich-von-Cotta-Literaturpreis.
Wolf Haas lebt in Wien und gilt heute als einer der originellsten Erzähler der österreichischen Gegenwartsliteratur – zwischen Krimi, Sprachkunst und absurder Komik.
Inhalt von "Wackelkontakt"
In Wolf Haas’ Roman "Wackelkontakt" begegnen sich zwei Erzählstränge, die auf geheimnisvolle Weise ineinandergreifen. Da ist Franz Escher, der in seiner Wohnung auf einen Elektriker wartet und dabei in ein Buch über den ehemaligen Mafia-Informanten Elio Russo eintaucht. Elio wiederum sitzt im Gefängnis, ringt mit seiner Angst vor Vergeltung und vertreibt sich die Zeit mit der Lektüre eines Romans – über Franz Escher. Aus diesem raffinierten Spiegelspiel entwickelt Haas eine Geschichte voller unerwarteter Wendungen, in der ein mysteriöser Todesfall, familiäre Abgründe und rätselhafte Verbindungen ein Netz bilden, das sich immer dichter zusammenzieht.
Meine Meinung
Haas' neueste Erzählung ist für mich ein ausgesprochen lesenswertes Buch, das alle Leser ansprechen dürfte, die Freude an sprachlich wie strukturell anspruchsvoller Literatur haben. Schnell spürt man, wie souverän Haas erneut zeigt, dass Kriminalliteratur weit mehr sein kann als reine Spannung: ein Experimentierfeld für nach und nach kunstvoll verknüpfte Erzählstränge sowie unterschiedliche Tonlagen, Perspektiven und gedankliche Nebenwege. Besonders geeignet ist der Roman für Leser, die solche Feinheiten wahrnehmen und genießen möchten.
Was mich hier ziemlich beeindruckt hat, ist die Balance zwischen eben jener spielerischen Sprache und erzählerischer Präzision. Haas’ charakteristische Mischung aus Lakonie, Ironie und scheinbar beiläufiger Alltagsphilosophie entfaltet hier eine große literarische Leichtigkeit. Ich ertappte mich immer wieder dabei, einzelne Formulierungen noch einmal zu lesen, weil sie sowohl komisch als auch kunstvoll gebaut sind. Rhythmische Brüche, Tonwechsel, elliptische Sätze erscheinen mir nicht nur als Stil, sondern schon als poetisches Programm.
Auch thematisch weiß der Roman zu überzeugen, weil neben der Krimihandlung, die als solche schon weit mehr als andere Titel bietet, hier zugleich tiefere Reflexionen geliefert werden. Der Text spielt virtuos mit dem Genre, verweigert sich aber nie der Lesbarkeit; gerade dieses Changieren zwischen Unterhaltung und Reflexion macht ihn für mich besonders reizvoll.
Am stärksten fand ich die Atmosphäre und die Figurenzeichnung: vertraut, aber nie folkloristisch; humorvoll, aber nie bloß karikierend. Haas gelingt es, seine Figuren mit wenigen Strichen psychologisch glaubhaft zu machen und ihren inneren Bewegungen sprachlich nachzuspüren.
Fazit: Für mich ein literarisches Kunststück, das mit einer originellen Idee, spielerischem Sprachwitz und großer Raffinesse überzeugt. Der Roman verbindet Leichtigkeit und Spannung mit intellektuellem Tiefgang, konstruiert ein komplexes Erzählpuzzle und zieht seine Leser mit unerwarteten Wendungen und verblüffenden Spiegelungen in den Bann. Haas erweist sich dabei als Meister der Erzählkunst, der Unterhaltung, Komik und literarische Virtuosität auf einzigartige Weise vereint. Hierdurch stellte sich insgesamt bei mir nach der letzten Seite eine Erfahrung ein, die mir - zumindest, was Romane angeht - eher seltener begegnet: Ich wusste, dass ich dieses Buch irgendwann ganz sicher ein zweites Mal lesen werde.
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Liz Moore: Der Gott des Waldes
Kurzinhalt von "Der Gott des Waldes"
Literarischer Thriller über das doppelte Verschwinden zweier Geschwister aus einer reichen Familie im Adirondack-Sommercamp 1961 und 1975, das Klassengegensätze, Machtmissbrauch und weibliche Selbstbestimmung enthüllt.
Bibliografische Angaben
Originaltitel: The God of the Woods
Autorin: Liz Moore, US-amerikanische Schriftstellerin
Seitenzahl: 590 | ISBN: 978-3406829772 | Verlag: C.H. Beck
Über die Autorin
Liz Moore, geboren 1983 in Framingham, Massachusetts, ist eine US-amerikanische Schriftstellerin, die mit eindringlicher Sprache und psychologischem Feingefühl gesellschaftlich relevante Themen beleuchtet. Ihre Romane zeichnen sich durch glaubwürdige Figuren, eine tiefe Menschlichkeit und ein besonderes Gespür für moralische Ambivalenzen aus.
Moore studierte an der Barnard College der Columbia University und arbeitete zunächst als Musikerin, bevor sie sich ganz dem Schreiben zuwandte. Ihr literarisches Debüt „The Words of Every Song“ erschien 2007 und wurde von ihrer Erfahrung in der Musikszene New Yorks inspiriert. Der internationale Durchbruch gelang ihr mit dem Roman „Heft“ (2012), einer bewegenden Geschichte über Einsamkeit, Schuld und die Suche nach Verbindung.
Den größten Erfolg feierte Liz Moore 2020 mit „Long Bright River“ (dt. „Long Bright River – Schwesternliebe, Sucht und Verrat“), einem spannenden, sozialkritischen Roman, der Krimi-Elemente mit einem tiefen Einblick in die Opioid-Krise in Philadelphia verbindet. Das Buch wurde ein New-York-Times-Bestseller und vielfach ausgezeichnet, u. a. mit Nominierungen für den International Dublin Literary Award und den Goodreads Choice Award.
Moores Stil ist geprägt von Empathie, genauer Beobachtungsgabe und einer ruhigen, fast dokumentarischen Erzählweise, die die Komplexität menschlicher Beziehungen ebenso einfängt wie die Härte sozialer Realitäten.
Neben ihrer schriftstellerischen Tätigkeit unterrichtet Liz Moore Creative Writing an der Temple University in Philadelphia, wo sie auch lebt. Sie gilt als eine der eindrucksvollsten literarischen Stimmen der zeitgenössischen amerikanischen Literatur.
Inhalt von "Der Gott des Waldes"
Im Sommer 1975 verschwindet die dreizehnjährige Barbara Van Laar spurlos aus dem noblen Ferienlager, das ihrer eigenen Familie gehört. Die Nachricht erschüttert das abgelegene Naturreservat in den Adirondack-Bergen, denn genau an derselben Stelle war bereits vierzehn Jahre zuvor Barbaras älterer Bruder Bear verschwunden – ein Fall, der nie aufgeklärt wurde und bis heute Gerüchte und Vorwürfe speist.
Die Van Laars, eine schwerreiche Dynastie, besitzen nicht nur das Camp, sondern riesige Waldflächen ringsum. Für die einheimischen Angestellten und Betreuer bedeutet das: Sie arbeiten im Schatten eines Clans, der sich kaum je für das Schicksal anderer interessiert. Als nun die zweite Suche beginnt, brodelt es unter der Oberfläche. Kinder und Jugendliche im Lager wissen vielleicht mehr, als sie zugeben; Angestellte schweigen aus Loyalität oder Angst; in der Nähe treibt sich ein gerade entflohener Gewaltverbrecher herum, den die Medien den „Schlitzer“ nennen. Und die Familie selbst scheint nicht sofort die Polizei verständigt zu haben – als hätte sie etwas zu verbergen.
Während die Tage vergehen und die Wildnis ihre eigenen Gesetze diktiert, kommen alte Wunden und neue Lügen ans Licht. Liz Moore erzählt die Geschichte einer Gemeinschaft, die von Klassengegensätzen, versteckten Traumata und Machtmissbrauch durchzogen ist, und verknüpft sie mit dem zähen Ringen junger Frauen um Selbstbestimmung und echter Freundschaft. So entsteht aus einem vermeintlichen Kriminalfall ein eindringlicher Gesellschaftsroman.
Meine Meinung
In meinen Augen ein ausgesprochen lesenswerter Roman, weil Liz Moore hier eine seltene Mischung aus atmosphärischer Spannung, psychologischer Tiefe und literarischer Eleganz gelingt. Besonders geeignet ist das Buch für Leser, die Kriminalgeschichten mit starkem literarischem Anspruch schätzen – Menschen also, denen es weniger um spektakuläre Wendungen geht als um die feine Arbeit an Figuren, Motiven und Stimmungen. Moore gelingt es, einen klassischen Missing-Person-Fall so zu gestalten, dass er nicht nur fesselt, sondern zugleich zu einer vielschichtigen Studie über eine Gemeinschaft, ihre sozialen Schichten und ihre verdrängten Geschichten wird.
Was mich an diesem Roman besonders überzeugt, ist die Struktur: Die Verschachtelung der Zeitebenen, die unterschiedlichen Perspektiven, die sich wie Scherben eines größeren Bildes allmählich zusammenfügen, und der ruhige, präzise Ton, mit dem Moore erzählt. Obwohl der Plot durchaus Spannung erzeugt, lebt der Text vor allem von Moores geduldigem Blick auf die Menschen, die von dem damaligen Verschwinden beeinflusst wurden – ein Blick, der niemals reißerisch wird, sondern psychologisch fein austariert bleibt. Die Autorin zeigt, wie Erinnerung funktioniert, wie sie Lücken lässt und Mythen produziert, und wie sich eine Gemeinschaft über Jahrzehnte an bestimmten Geschichten festklammert.
Besonders stark sind für mich die Passagen, in denen Moore die sozialen und ökonomischen Unterschiede innerhalb der Region herausarbeitet. Die Sommergäste und die Einheimischen, die Privilegierten und die, die nur aus Pflicht oder Not im Camp arbeiten – all das bildet den Resonanzraum für die Ereignisse, ohne dass Moore je ins Schematische verfällt. Die Landschaft selbst – Wälder, Seen, Hitze, Dunkelheit – wird beinahe zu einer Figur, die das Verhalten der Menschen prägt und die Atmosphäre des ganzen Romans trägt. Dieser dezente, aber konsequente Naturbezug macht das Buch nicht nur spannungsreich, sondern auch ungewöhnlich dicht und poetisch.
Am stärksten bleibt jedoch die Art, wie Moore die moralischen Grauzonen ihrer Figuren offenlegt. Niemand ist hier vollständig unschuldig, und doch ist niemand rein böse; alle handeln innerhalb der Grenzen ihrer eigenen Lebenswelt, ihrer Verletzungen und Ängste. So entsteht ein Roman, der zwar als Kriminalgeschichte beginnt, sich aber zunehmend zu einem tiefen literarischen Kommentar über Schuld, Erinnerung und verlorene Unschuld verwandelt. Die Erzählung beeindruckt damit nicht nur als spannender Plot, sondern als ernsthafte, klug komponierte Literatur, die mir sicherlich noch länger im Gedächtnis bleibt.
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Stuart Turton: Der letzte Mord am Ende der Welt
Kurzinhalt von "Der letzte Mord am Ende der Welt"
Packender Endzeitkrimi, in dem die letzten Menschen auf einer Insel einen Mord aufklären müssen, bevor der tödliche Nebel die Welt endgültig vernichtet.
Bibliografische Angaben
Originaltitel: The Last Murder at the End of the World
Autor: Stuart Turton, englischer Schriftsteller und Journalist | Tropen
Seitenzahl: 464 | ISBN: 978-3608502619
Über den Autor
Stuart Turton, geboren 1980 in England, ist ein preisgekrönter Schriftsteller und Journalist, der vor allem für seine innovativen Thriller und Kriminalromane bekannt ist. Bevor er sich ganz dem Schreiben widmete, arbeitete Turton als Journalist und Redakteur, unter anderem für namhafte britische Zeitungen, was ihm ein feines Gespür für Struktur, Timing und spannende Erzählungen verlieh.
Sein literarischer Durchbruch gelang ihm 2018 mit dem Debütroman „Die sieben Tode der Evelyn Hardcastle“ (Original: The Seven Deaths of Evelyn Hardcastle), einem außergewöhnlichen Mystery-Thriller, der klassische Krimielemente mit einem komplexen Zeitschleifen-Plot kombiniert. Der Roman wurde international gefeiert und etablierte Turton als innovativen Kopf im modernen Krimigenre.
Turtons Stil ist geprägt von komplexen Handlungssträngen, clever konstruierten Rätseln und einer Mischung aus Spannung, dunklem Humor und psychologischer Tiefe. Seine Werke fordern die Leser intellektuell heraus, bieten aber gleichzeitig hochspannende Unterhaltung. Mit „Der Tod des Mr. West“ (Original: The Devil and the Dark Water, 2020) bestätigte Turton seinen Ruf als Meister des originellen historischen Krimis, in dem er historische Settings, Thriller-Elemente und ein dichtes Rätsel miteinander verbindet.
Stuart Turton lebt in England und gilt als einer der kreativsten Thrillerautoren der Gegenwart, der klassische Krimistrukturen neu denkt und seinen Lesern unvergessliche, packende Leseerlebnisse bietet.
Inhalt von "Der letzte Mord am Ende der Welt"
Auf einer kleinen Insel im Mittelmeer lebt die letzte Gemeinschaft von Menschen – abgeschottet vom Rest der zerstörten Welt, die in einem giftigen Nebel untergegangen ist. Strenge Regeln und ein hochkomplexes Schutzsystem garantieren ihr Überleben. Die Bewohner führen ein geregeltes, kontrolliertes Leben, überwacht von Wissenschaftlern, die jede Gefahr frühzeitig erkennen sollen.
Doch eines Tages wird eine der Wissenschaftlerinnen tot aufgefunden – brutal ermordet. Mit ihrem Tod gerät das Schutzsystem ins Wanken, und die Insel droht vom tödlichen Nebel verschlungen zu werden. Die Überlebenden haben nur 107 Stunden Zeit, um den Täter zu finden und das System zu stabilisieren.
Das Schlimmste: Niemand erinnert sich an die Nacht des Mordes. Misstrauen breitet sich aus, alte Geheimnisse kommen ans Licht – und bald ist klar, dass nicht nur die Zukunft der Insel, sondern das Schicksal der gesamten Menschheit auf dem Spiel steht.
Meine Meinung
Für mich ein Buch von bemerkenswerter Präzision und erzählerischer Raffinesse, das sich deutlich von konventionellen Romanen abhebt, indem es als Mix aus Krimi, Thriller, Science-Fiction-Story, Familiengeschichte, Fantasy-Erzählung und Dystopie daherkommt. Bereits die Konzeption — ein Mord auf einer isolierten Insel, auf der die Überlebenden einer dystopischen Kontrolle unterliegen und die Zeit gegen sie arbeitet — zeigt Turtons Talent, Spannung mit intellektueller Tiefe zu verbinden. Das Buch ist daher nicht nur spannend, sondern auch literarisch anspruchsvoll: Es fordert den Leser heraus, komplexe Zusammenhänge und psychologische Nuancen zu erfassen, statt auf übertriebene Action zu setzen.
So erzeugt Turton auf jeder Ebene Spannung: die minutiöse Konstruktion der Inselgesellschaft, die psychologische Durchdringung der Figuren und die subtilen Hinweise, die die Identität des Täters allmählich erahnen lassen - all das hat mich schnell gefesselt. Trotz des engen Zeitrahmens wirkt die Erzählung dabei auf mich auch niemals gehetzt; jeder Plotpunkt ist sorgfältig gesetzt, jede Wendung plausibel und doch überraschend. Der Autor zeigt ein feines Gespür für menschliche Motivation und kollektive Dynamiken, wodurch die isolierte Gesellschaft glaubwürdig und gleichzeitig beklemmend erscheint.
Der Stil ist konzentriert, klar und präzise, gleichzeitig aber atmosphärisch dicht. Turton gelingt es, die Bedrohung und die existenzielle Spannung der Handlung auf subtile Weise in die Sprache zu übertragen. So entsteht eine literarische Qualität, die das Buch über den bloßen Unterhaltungswert eines typischen Thrillers hinaushebt. Die komplexe Struktur, die Erinnerungsverlust und Manipulation einbezieht, fordert das aktive Mitdenken des Lesers und macht das Leseerlebnis intellektuell stimulierend.
Der Titel eignet sich daher besonders für Leserinnen und Leser, die mehr von einem Thriller erwarten als reine Nervenkitzelmechanik: Wer Freude an psychologisch vielschichtigen Figuren, einer minutiös konstruierten Handlung und dystopisch-mysteriöser Atmosphäre hat, wird hier voll auf seine Kosten kommen. Auch für Liebhaber literarisch ambitionierter Spannungsliteratur bietet das Buch reiche Anknüpfungspunkte — sei es in der Analyse von Machtstrukturen, menschlicher Moral oder der Art, wie Erinnerung und Wahrnehmung manipuliert werden können.
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Marcus M. Keupp: Spurwechsel - Die neue Weltordnung nach Russlands Krieg
Kurzinhalt von "Spurwechsel"
Analyse des russischen Angriffskrieges gegen die Ukraine als globale Zäsur, die Deutschland vor die selbst zu treffende Entscheidung stellt, ob es künftig für liberale Demokratie und Völkerrecht oder für Nationalismus und Machtpolitik stehen will.
Bibliografische Angaben
Autor: Marcus M. Keupp, deutscher Militärökonom und Künstler
Seitenzahl: 304 | ISBN: 978-3869951539 | Verlag: Quadriga
Über den Autor
Marcus Matthias Keupp, geboren am 29. September 1977 in Freiburg im Breisgau (Deutschland), ist ein vielseitiger Autor, Militärökonom und Künstler, der analytisches Denken mit kreativer Ausdruckskraft verbindet. Als Dozent und Leiter der Dozentur für Militärökonomie an der Militärakademie der ETH Zürich unterrichtet er seit 2013 angehende Berufsoffiziere der Schweizer Armee und forscht zu Themen wie Versorgungssicherheit, Cybersecurity, militärischer Logistik sowie strategischen und wirtschaftlichen Aspekten internationaler Konflikte.
Seine Sachbücher, darunter "Militärökonomie" (2019), das hier vorgestellte "Spurwechsel - Die neue Weltordnung nach Russlands Krieg" (2025) und zahlreiche Analysen zum Ukraine-Krieg, zeichnen sich durch präzise Recherchen, klare Darstellung komplexer Zusammenhänge und praxisnahe, oft provokative Perspektiven aus.
Sie richten sich an Fachpublikum ebenso wie an ein breiteres Lesepublikum, das sich für militärische, wirtschaftliche und geopolitische Themen interessiert. Neben seiner akademischen Tätigkeit ist Keupp künstlerisch aktiv, mit Schwerpunkten auf abstrakter Kunst, modularen Systemen, visueller Poesie und Künstlerbüchern wie "spam, sex & random thoughts" (2014) oder "corporate slave" (2017).
In seinen Projekten spiegelt sich ein Interesse an Kultur, Rhythmus und der Harmonie von Farbe, Form und Bewegung wider – oft erzeugt durch innovative Techniken wie UV-Tinten auf Aluminiumplatten. Diese Verbindung von analytischem und künstlerischem Blick verleiht seinen Werken besondere Tiefe, Originalität und eine satirisch-provozierende Note. Marcus M. Keupp lebt seit 2005 in der Schweiz (u. a. in Zug und Basel) und gilt als gefragter Kommentator in Medien, dessen fundierte, wenngleich teils kontroverse Prognosen zu aktuellen Konflikten breite Aufmerksamkeit erregen.
Er vereint damit insgesamt Fachwissen, kritische Reflexion und kreative Impulse zu einem einzigartigen Profil in der Schnittstelle von Wissenschaft, Strategie und Kunst.
Inhalt von "Spurwechsel"
Hier legt Marcus M. Keupp nicht einfach ein weiteres Buch über den Ukraine-Krieg vor, sondern eine knallharte Diagnose der globalen tektonischen Verschiebung, die dieser Krieg ausgelöst hat. Seine zentrale These ist ebenso einfach wie unbequem: Der 24. Februar 2022 hat nicht nur die europäische Sicherheitsordnung zertrümmert, sondern die Welt insgesamt in eine neue, noch namenlose Epoche katapultiert – jenseits von "neuem Kalten Krieg" und jenseits der Gewissheiten, an die wir uns seit 1989/91 gewöhnt hatten.
Keupp zeigt präzise, wie nahezu alle relevanten Akteure – von Washington über Peking bis Neu-Delhi – ihre strategischen Grundannahmen über Nacht revidiert haben: Rohstoffmärkte werden umgelenkt, Lieferketten neu ausgerichtet, Rüstungsetats explodieren, Neutralitätsdoktrinen werden beerdigt. Was als "Spurwechsel" beginnt, entpuppt sich als umfassende Neuvermessung der Machtverhältnisse.
Besonders brisant ist seine Analyse der deutschen Situation. Erstmals seit 1945, so Keupp, steht Deutschland ohne externen Kurator da – weder Moskau noch Washington schreiben mehr vor, wo die Grenzen des Erlaubten verlaufen. Damit stellt sich die "Deutschlandfrage" neu, und zwar radikal: Wollen wir eine offene, rechtsstaatliche und europäisch verankerte Gesellschaft bleiben – oder lassen wir uns von autoritären und nationalistischen Reflexen zurück in die Geschichte treiben? Keupp nennt keine Partei beim Namen, aber seine Diagnose ist eindeutig: Die innere Spaltung Deutschlands ist Spiegelbild und zugleich Teil der globalen Grundsatzentscheidung zwischen liberaler Ordnung und brutaler Machtpolitik.
Meine Meinung
Für mich eines der wichtigsten Sachbücher des Jahres, weil es mit ruhiger, nüchterner Klarheit zeigt, wie tiefgreifend sich die Welt seit Februar 2022 tatsächlich verändert hat. Keupp verbindet militärökonomische Expertise mit strategischem Weitblick und schafft es, komplexe Zusammenhänge so zu erklären, dass ein militärpolitischer Laie wie ich sie leicht nachvollziehen kann. Wer sich ernsthaft fragt, wohin die Reise geht – für Deutschland, für Europa, für die globale Ordnung –, kommt an diesem Buch kaum vorbei.
Besonders beeindruckt hat mich, wie Keupp den Krieg in der Ukraine nicht isoliert betrachtet, sondern als Katalysator einer ganzen Kette von Spurwechseln darstellt: von den neuen Rüstungsdynamiken in Asien über die Neuvermessung transatlantischer Beziehungen bis hin zur innerdeutschen Frage, wer wir eigentlich sein wollen. Die Passage, in der er feststellt, dass wir erstmals seit 1945 wirklich selbst entscheiden müssen, ohne externe Vormünder, hat mich beim Lesen innehalten lassen. Selten habe ich eine Analyse gelesen, die so präzise und gleichzeitig so unaufgeregt die Tragweite der Gegenwart einfängt.
Ich empfehle das Buch jedem, der mehr will als tagesaktuelle Schlagzeilen oder ideologische Schnellschüsse – also Menschen, die bereit sind, sich mit unbequemen Wahrheiten auseinanderzusetzen und dabei eigene Positionen zu überprüfen. Wer verstehen will, warum die nächsten zehn Jahre wahrscheinlich die folgenreichsten seit 1945 sein werden – und welche Entscheidungen jetzt tatsächlich auf dem Tisch liegen –, findet hier meiner Meinung nach eine der klarsten, mutigsten und dringlichsten Analysen der aktuellen Lage.
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